Schule & Ausbildung

Probleme in der Lehre: Was tun?

Der Einstieg ins Berufsleben klappt nicht immer reibungslos. Was sollen Lernende tun, wenn der gewählte Beruf nicht passt oder sie sich im Lehrbetrieb nicht wohlfühlen? Wann macht es Sinn, eine Lehre durchzuziehen und wann ist ein Abbruch die bessere Lösung? Erfahren Sie, wo Lernende bei Problemen in der Lehre Unterstützung erhalten.
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Lernende am Arbeitsplatz.

Lehrvertragsauflösungen sind keine Seltenheit. Gemäss Bundesamt für Statistik lösten knapp ein Viertel der Lernenden, die 2018 mit einer Lehre begonnen hatten, ihren Lehrvertrag im Verlauf der Lehre auf. Die Quote der Lehrvertragsauflösungen schwankt von Beruf zu Beruf jedoch sehr. Auch die Gründe, die dazu geführt haben, sind sehr unterschiedlich. 

Die hohe Zahl der Vertragsauflösungen mag erschrecken. Doch finden die meisten dieser Jugendlichen eine Anschlusslösung und machen trotzdem einen Berufsabschluss. Eltern können ihre Tochter, ihren Sohn bei Problemen in der Lehre unterstützen, indem sie helfen, die Situation zu analysieren: Wo bestehen Probleme? Was könnten die Ursachen sein? Je nach Problembereich gibt es verschiedene Vorgehensweisen, Unterstützungsangebote und Lösungsansätze.

Mögliche Gründe, ein Lehrverhältnis zu beenden

Der Beruf gefällt nicht

Ein häufiger Grund für das Auflösen eines Lehrvertrags ist die falsche Berufswahl. Wenn Jugendliche schon in der Probezeit merken, dass sie sich den Beruf ganz anders vorgestellt haben, und die Aufgaben überhaupt nicht den eigenen Interessen und Fähigkeiten entsprechen, ist es sinnvoll, die Wahl des Berufs nochmals kritisch zu überdenken. 

In diesem Fall sind Berufsberaterinnen und Berufsberater der öffentlichen Berufsberatungsstellen die richtigen Ansprechpersonen. Gemeinsam mit der oder dem Jugendlichen nehmen sie die Berufswahl unter die Lupe und suchen gegebenenfalls nach Alternativen. Dieses Angebot ist kostenlos und vertraulich.

Probleme im Lehrbetrieb

Oft kommt es zu Problemen im Lehrbetrieb, obwohl der Beruf gefällt. Häufige Ursachen sind Konflikte mit Vorgesetzten oder Mitarbeitenden, Mobbing oder Über- und Unterforderung am Arbeitsplatz. Treten Schwierigkeiten im Betrieb auf, sollte die Berufsbildnerin, der Berufsbildner die erste Ansprechperson sein. Eltern können ihr Kind zu einer Aussprache ermutigen und – falls die Tochter oder der Sohn das möchte – an ein Gespräch begleiten. Im gemeinsamen Gespräch kann nach Lösungen gesucht werden, wie die Situation vom Betrieb und den Lernenden verbessert werden kann. 

Wird im Gespräch keine Einigung erzielt oder lässt sich das Problem nicht mit der Berufsbildnerin, dem Berufsbildner besprechen, kann die Lehraufsicht, das Berufsinspektorat oder das kantonale Berufsbildungsamt beigezogen werden. Bestenfalls gelingt es so, die Lehre im ursprünglichen Unternehmen weiterzuführen. Auch ein Jobcaddie kann hilfreich sein.

Ist es unmöglich, die Lehre im gleichen Betrieb fortzusetzen, ist es sinnvoll, eine Lehrstelle in einem anderen Betrieb zu suchen. Dabei hilft die Lehraufsicht. Auch persönliche Kontakte oder die Unterstützung des aktuellen Arbeitgebers sind wertvoll. Informationen über zusätzliche Angebote gibt die öffentliche Berufsberatung.

Schwierigkeiten in der Schule

Viele Lernende haben auch Mühe, in der Berufsschule mitzukommen. In diesem Fall können sich Lernende an ihre Klassenlehrperson wenden. Zusammen mit dem oder der Jugendlichen lotet die Lehrperson die beste Vorgehensweise aus. Möglicherweise braucht es einen grösseren Lernaufwand, effizientere Lerntechniken, Nachhilfeunterricht oder Stützkurse. 

Falls die Lehrperson nicht weiterhelfen kann, ist es sinnvoll, mit dem Rektorat der Berufsfachschule Kontakt aufzunehmen. Gefährden Lernblockaden oder Prüfungsangst den Schulerfolg, kann ein Gespräch mit einer psychologisch geschulten Fachperson hilfreich sein. Je nach Wohnort bieten der Schulpsychologische Dienst, die Schulberatung, die Jugendberatung oder das Berufsbildungsamt mit Coachingangeboten Unterstützung.

Persönliche Probleme

Manchmal ist der erfolgreiche Abschluss einer Lehre aufgrund persönlicher Probleme des Jugendlichen gefährdet. Auch wenn es unangenehm ist, sollten Lernende möglichst frühzeitig das Gespräch mit den Vorgesetzten suchen. Denn informieren sie transparent über die aktuelle Situation, erhalten sie meist Verständnis dafür. Dabei müssen sie nicht ins Detail gehen. 

Im Gespräch kann nach Entlastungsmöglichkeiten gesucht werden, damit die Lehre trotz Krise weitergeführt werden kann. Gerade bei persönlichen Problemen ist eine Alltagsstruktur, wie sie die Lehre bietet, eine wichtige Stütze. Möglicherweise ist auch die Unterstützung durch eine psychologische Fachperson sinnvoll. Das Institut für Angewandte Psychologie bietet Beratungen für Jugendliche und junge Erwachsene in herausfordernden Situationen im Zusammenhang mit Berufswahl und Berufseinstieg.

Lehre nicht vorschnell abbrechen

Jugendliche werden in der Lehre mit hohen Anforderungen konfrontiert. Manche fühlen sich überfordert, andere unterfordert. Auch Konflikte mit Mitarbeitenden können frustrieren. Eltern können in solchen Situationen eine wichtige Stütze sein. Sie können Ihr Kind motivieren, einen Umgang mit Schwierigkeiten zu suchen und nicht gleich alles hinzuwerfen.

Hilfreich ist, wenn Eltern ihr Kind ermutigen, nach vorne zu blicken, die Situation neu zu beurteilen und die notwendige Unterstützung einzufordern. 

Das gilt erst recht bei Problemen kurz vor Lehrabschluss. Denn dann macht eine Lehrvertragsauflösung wenig Sinn. Unter Umständen trägt ein offenes Gespräch mit der Berufsbildnerin, dem Berufsbildner dazu bei, während der noch verbleibenden Lehrzeit leichter über die Runden zu kommen. 

Leiden Lernende vor der Lehrabschlussprüfung unter Druck, Stress oder Prüfungsangst, kann ein Lern- oder Mentalcoaching hilfreich sein. Auch das Aufzeigen von Perspektiven nach Lehrabschluss kann helfen, eine Motivationskrise zu überwinden und bis zum Schluss durchzuhalten. 

Auflösung des Lehrvertrags als Chance

Eine Lehrvertragsauflösung ist kein Weltuntergang. Lernende sowie Eltern sollten ihn zugleich als Neuanfang betrachten. Hilfreich ist, wenn Eltern ihr Kind ermutigen, nach vorne zu blicken, die Situation neu zu beurteilen und die notwendige Unterstützung einzufordern. Der grösste Teil der Jugendlichen, die einen Lehrvertrag auflösen, macht trotzdem einen Lehrabschluss. Entweder führen sie die Lehre in einem anderen Betrieb fort oder erlernen einen anderen Beruf.

Unfallversicherung

Nach einer Lehrvertragsauflösung läuft die obligatorische Unfallversicherung nur dreissig Kalendertage weiter, anschliessend erlischt sie. Wird innerhalb dieser Zeit eine neue Lehrstelle angetreten, ist man automatisch beim neuen Arbeitgeber unfallversichert. Andernfalls müssen Jugendliche mit dem eigenen Krankenversicherer Kontakt aufnehmen, um die Unfallversicherung zu aktivieren.

Was tun bei einem Lehrabbruch

Von einem Lehrabbruch spricht man erst, wenn Jugendliche nach einer Auflösung des Lehrvertrags ohne Anschlusslösung dastehen. Eine solche Situation gilt es möglichst zu verhindern. Denn stehen Jugendliche ohne Struktur da können sie in eine Krise geraten, die dazu führt, dass sie gar keinen Berufsabschluss mehr machen.

In der Regel dürfen Jugendliche ohne sofortige Anschlusslösung die Berufsfachschule während drei Monaten weiterhin besuchen. Die genaue Regelung erfährt man bei der jeweiligen Schule. 

Zudem bietet jeder Kanton Brückenangebote oder Zwischenlösungen an. Diese bieten den Jugendlichen die Gelegenheit, sich neu zu orientieren und gestärkt eine neue Ausbildung in Angriff zu nehmen. Informationen erhält man bei den Berufsberatungsstellen. Besteht nach einem Lehrabbruch die Gefahr einer Arbeitslosigkeit, sollten sich die Lernenden beim zuständigen regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) melden. 

Tipps für Eltern

  • Bei Problemen in der Ausbildung sollte frühzeitig Hilfe gesucht werden.
  • Nehmen Sie Unterstützungsangebote, wie Berufsberatung, Jugendberatung, Stützkurse usw. in Anspruch.
  • Ist eine Lehrvertragsauflösung unumgänglich, sollten Sie Ihr Kind ermutigen, die Situation zuversichtlich zu betrachten und als Chance für einen Neuanfang zu sehen.
  • Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind auch bei einem Lehrunterbruch eine Tagesstruktur hat.
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