Medien & Internet

Digitale Medien im Vorschul- und Kindergartenalter

Kinder unter sechs Jahren wollen die Welt entdecken und erforschen. Für die kindliche Entwicklung ist wichtig, dass Lernen über alle Sinne geschieht. Doch welche Rolle spielen digitale Medien in diesem Prozess? Antworten und Erklärungen.
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Kinder wachsen mit Medien unterschiedlicher Art auf, dabei ist die Begleitung durch Eltern zentral.

Schon früh begegnen Kinder Bildschirmen und Medieninhalten, die oft eine grosse Faszination auslösen. Doch auch im Zeitalter von Internet, Smartphone, Social Media und Netflix bleiben die wesentlichen Entwicklungsschritte, die ein Kind beim Aufwachsen durchläuft, gleich. 

Um zu lernen, gebrauchen Kinder verschiedene Sinne. Spielen, malen, basteln, andere Kinder treffen und sich aktiv bewegen sind Aktivitäten, die Vorschul- und Kindergartenkinder beschäftigen. Durch Ausprobieren erwerben sie neue Fähigkeiten, erkennen Zusammenhänge, verbessern die Geschicklichkeit und vergrössern das Wissen.

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Vorschul- und Kindergartenkinder brauchen vielfältige Sinneserfahrungen

Vorschul- und Kindergartenkinder brauchen Möglichkeiten zum selber Entdecken und Erleben. In einer anregungsreichen Umgebung machen Kinder Erfahrungen mit dem eigenen Körper:

  • Tasten: Im Sandkasten buddeln, eine Katze streicheln, Teig kneten oder spüren, wie sich kalt und warm anfühlt.
  • Hören: Einer Geschichte lauschen, Geräusche zuordnen oder die Kraft der eigenen Stimme ausprobieren.
  • Sehen: Gesichter erkennen, Farbunterschiede feststellen oder beobachten, wie schnell ein Velo fährt und wie langsam eine Schnecke kriecht.
  • Riechen: Sich über den Duft des Lieblingsessens freuen oder merken, wie frisch geschnittenes Gras, nasse Erde riecht.   
  • Schmecken: In eine Zitrone beissen und erleben, wie sich der Mund zusammenzieht oder Schokolade geniessen, Salzstangen essen und Geschmacksunterschiede feststellen.

Digitale Medien wie beispielsweise YouTube-Filme, Serien auf Netflix oder Hörbücher ermöglichen nur begrenzte Sinneserfahrungen, die sich aufs Hören, Sehen und teils Tasten beschränken.

Empfehlungen zur Mediennutzung von Kindern im Vorschul- und Kindergartenalter

Die analoge Welt mit digitalen Medien erweitern

Digitale Medien eignen sich, um reale Erlebnisse und Sinneserfahrungen zu ergänzen, sind aber nie ein gleichwertiger Ersatz. Ein paar Beispiele für eine Kombination:

  • Einen Marienkäfer fotografieren und auf dem Bildschirm ganz nah heranzoomen, um Details zu betrachten.
  • Das Video vom Trampolinspringen in Slow Motion abspielen. Das ist interessant und bisweilen sehr lustig.
  • Vor dem Zubettgehen der Oma, dem Opa per Videotelefon den neuen Pyjama vorführen.
  • Bei digitalen Spielen gibt es spannende Dinge, die ein Kind ergänzend zu den alltäglichen Erfahrungen die Welt erkunden lässt. Zum Beispiel beim Stapeln von digitalen Klötzen oder beim Zuordnen von Gegenständen nach Oberbegriffen: Stuhl zu Möbel; Sonnenblume zu Pflanze usw.

Altersgerechte Medieninhalte auswählen

Medieninhalte üben auf Kinder eine andere Intensität aus, als auf Jugendliche oder Erwachsene. Kinder leben im hier und jetzt. Das lässt sich gut beobachten, wenn sie in eine Geschichte eintauchen und alles andere ausblenden. Manchmal sind Kinder, die vor einem Bildschirm sitzen, kaum noch ansprechbar.

  • Medieninhalte sollten auf das Alter und die Entwicklung des Kindes abgestimmt und entsprechend auswählt werden.
  • Neue Serien oder eine Hörbuchreihe bestenfalls zuerst sorgfältig prüfen oder gemeinsam mit dem Kind anschauen oder anhören.
  • Bei Games und Filmen geben Altersempfehlungen und Inhaltsangaben erste Hinweise auf geeignete Inhalte. Über die Qualität oder den Schwierigkeitsgrad sagen diese nichts aus. Eltern sollten sich selber ein Bild machen, ob die Inhalte passen.
  • Auf die Reaktionen des Kindes achten, wenn es Medien konsumiert. Wirkt es unruhig? Verängstigt? Verstört? Solche Verhaltensweisen zeigen, dass der Inhalt ungeeignet ist.

Bildschirmzeit begrenzen

Jüngere Kinder können die Bildschirmzeit noch nicht selbst regulieren und Inhalte von Medien nicht selbst filtern. Ihre Hirnentwicklung ist noch nicht so weit.

  • Die Begleitung der Eltern ist im Vorschul- und Kindergartenalter zentral. Medienkompetenz beginnt nicht mit der eigenen Nutzung, sondern durch die Erfahrung der Vorbilder.
  • Ein Vorschul- und Kindergartenkind braucht weder einen eigenen Fernseher im Zimmer noch ein eigenes Tablet, Smartphone oder Computer. Handkehrum trägt es keinen bleibenden Schaden davon, wenn es zeitlich begrenzt und begleitet ein altersgerechtes Bildschirm-Angebot nutzt.  
  • Eine Einschränkung von Inhalten und Nutzungsdauer ist bei jungen Kindern sinnvoll und liegt in der Verantwortung der Erwachsenen. Dabei helfen klare Regeln oder Hilfsmittel, wie ein Wecker oder eine Sanduhr.

Auf Vermischung von Realität und Fiktion achten

Vorschul- und Kindergartenkinder sind noch nicht in der Lage, Realität und Fiktion klar zu unterscheiden. Nichts scheint unmöglich. Deshalb bezeichnet man diese Phase auch als magisches Alter. Erst im frühen Primarschulalter werden Fantasie und Wirklichkeit immer mehr voneinander getrennt.

  • Für junge Kinder wirken Geschichten oder Darstellungen in Filmen und Games real. Gefühlvoll fiebern sie mit und sind Teil des Geschehens. Sie empfinden reale Trauer und reale Angst. Eltern sollten diese Gefühle ernst nehmen und sie nicht mit Äusserungen wie «es ist nur ein Film» verharmlosen.
  • Figuren aus Sendungen oder Spielen dienen zur Identifikation, werden nachgeahmt und beflügeln die eigene Fantasie. 
  • Vorschul- und Kindergartenkinder freuen sich, wenn die Eltern gemeinsam mit ihnen Filme schauen. Sie tauchen voll und ganz in die Geschichten ein und möchten ihre Erfahrungen gerne mit der ganzen Familie teilen.

Begleiten im Umgang mit digitalen Medien

Vorschul- und Kindergartenkinder sollten bei der Mediennutzung von den Eltern begleitet werden. Dies ermöglicht es, Fragen direkt zu beantworten und digitale Erlebnisse gemeinsam zu geniessen. So lernt das Kind, Inhalte im Internet, im Fernsehen sowie Videospiele im geschützten Rahmen kennen und verstehen. 

Kinder beobachten genau. Sind die Eltern viel am Smartphone, wird dem Gerät schnell eine hohe Wichtigkeit zugeschrieben.

Eltern können den Medienkonsum der Kinder dabei aktiv mitgestalten und durch eigene Werte und Ziele prägen. Fragen wie, was findest du lustig, was findest du toll, was macht dir Angst, eignen sich gut, um über Medienerfahrungen zu sprechen und Medieninhalte kritisch anzuschauen. Anregungen und weitere Informationen finden Sie im Artikel «Gemeinsame Medienaktivitäten».

Nicht vergessen sollten Eltern auch ihre eigene Vorbildrolle. Kinder beobachten genau. Sind die Eltern viel am Smartphone, wird dem Gerät schnell eine hohe Wichtigkeit zugeschrieben. Eltern können Ihre Vorbildrolle als Chance nutzen. Indem sie ihrem Kind vorleben, was sie ihm im Umgang mit digitalen Medien gern mit auf den Lebensweg geben möchten. Beispielsweise, dass man sich nicht durch das Handy ständig ablenken lässt.

Tipps für Eltern

  • Laut Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollten sich Kinder, die älter als ein Jahr alt sind, täglich mindestens drei Stunden körperlich betätigen. Digitale Medien sollten nicht Zeit beansprucht, die nachher für Bewegung und Sinneserfahrungen fehlt.
  • Obwohl Bildschirmmedien faszinieren, stehen bei jungen Kindern Bücher und Audiomedien nach wie vor hoch im Kurs. Nutzen Sie dieses Interesse und lesen Sie Ihrem Kind regelmässig vor. So fördern Sie die Entwicklung der Sprache. Mehr Inspiration zur Sprachförderung finden Sie auf www.kinder-4.ch.
  • Was Sie Ihrem Kind im Umgang mit Bildschirmmedien erlauben, hängt von Ihren Werten ab. Erklären Sie Ihrem Kind die Medienregeln, die in Ihrer Familie gelten. Idealerweise stellen Sie die Regeln gemeinsam mit Ihrem Kind auf.
  • Wenn Sie sicher sind, dass die Inhalte passen, kann Ihr Kind auch mal alleine etwas schauen. Bleiben Sie aber verfügbar. Unbekannte Inhalte sollten Sie zuerst prüfen oder mit dem Kind zusammen anschauen oder anhören.
  • Es gibt eine Vielzahl von kindgerechten und pädagogisch wertvollen Angeboten für Bildschirmmedien, die Spass bereiten. Eine gute Übersicht bieten die Kinder-App-Datenbank des Deutschen Jugendinstituts sowie der Spieleratgeber NRW.
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