Erste Pro Juventute Jugendstudie: So geht es der Schweizer Jugend

zur Studie
Seit 2019 hat der Beratungsaufwand des Beratungsangebots 147 von Pro Juventute für Kinder und Jugendliche um über 70 Prozent zugenommen. Verschiedene weitere Zahlen und Befunde zeigen eine verstärkte psychische Belastung bei jungen Menschen in der Schweiz. Die Stiftung Pro Juventute wollte deshalb genauer wissen, wie es den Kindern und Jugendlichen in der Schweiz aktuell geht und welche Faktoren ihr Stressempfinden beeinflussen.
Für die Pro Juventute Jugendstudie wurden repräsentativ Jugendliche und junge Erwachsene in der ganzen Schweiz im Alter von 14 bis 25 Jahren zu ihrem Umgang mit Stress, Krisen, Mediennutzung sowie Resilienz befragt.
Die Studie befragte Jugendliche in verschiedenen Schul-, Ausbildungs- oder beruflichen Situationen:

Das sind die wichtigsten Erkenntnisse:
Hoher Leistungsdruck und gute Beziehung zu den Eltern
88 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen geben in der Befragung an, sich psychisch wohl zu fühlen. Bei der physischen Gesundheit sind es 94 Prozent. Trotz dieser hohen Werte geben 30 Prozent der jungen Menschen auch an, sich häufig müde und erschöpft zu fühlen.
Zu den Faktoren, die am stärksten zum empfundenen Stress beitragen, gehören Schul- und Ausbildungsstress, der allgemeine Leistungsdruck, die Sorge, zu wenig Geld zu haben, sowie Sorgen um die berufliche Zukunft. Stress durch soziale Medien ist für lediglich 15 Prozent ein grosses Problem.
Für viele der befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist die Beziehung zu ihren Eltern ein wichtiger Faktor für ihr empfundenes Wohlbefinden. 55 Prozent der Befragten geben an, dass sie sich auf ihre Eltern verlassen können, 82 Prozent, dass ihre Eltern häufig Verständnis zeigen.

Mädchen und jungen Frauen geht es deutlich schlechter
Zwölf Prozent der Teilnehmenden waren zum Zeitpunkt der Befragung in psychotherapeutischer Behandlung. Rund ein Drittel der Befragten hat bereits Therapieerfahrung. Sie haben professionelle Hilfe in Form einer Psychotherapie (28 Prozent) oder einer psychosozialen Beratung (7 Prozent) in Anspruch genommen.
Mädchen und jungen Frauen geht es deutlich schlechter als gleichaltrigen Jungen und jungen Männern. So fühlen sich 36 Prozent der Mädchen und jungen Frauen oft müde und erschöpft im Gegensatz zu 21 Prozent der männlichen Befragungsteilnehmern.
Auch die Frage, ob sie sich bereits in psychologische oder psychotherapeutische Behandlung begeben haben, bejahen 33 Prozent der Mädchen und jungen Frauen aber nur 22 Prozent der Jungen und jungen Männern.

Rund ein Viertel macht sich grosse Sorgen um die Welt
Kinder und Jugendliche wachsen aktuell in einem Kontext einer Multikrise, von den Vereinten Nationen als Permakrise bezeichnet, auf. Die Studie hat auch untersucht, wie Jugendliche in der Schweiz die Nachrichten aus der ganzen Welt wahrnehmen und welchen Effekt dies auf ihr Wohlbefinden hat.
Rund ein Viertel der Befragten zeigt sich vom Weltgeschehen besonders betroffen. Dabei zeigen sich erneut Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Jungen und junge Männer machen sich im Vergleich zu weiblichen Gleichaltrigen etwas weniger Sorgen. Ungerechtigkeit in der Welt und Rassismus beschäftigen weibliche Teilnehmende etwas stärker als männliche. Während ein Drittel der befragten Mädchen und jungen Frauen wegen Sexismus sehr besorgt ist, sind es bei Jungen und jungen Männern nur 12 Prozent. Die männlichen Befragten beschäftigen vor allem die politischen Entwicklungen in der Welt sowie die Spaltung der Gesellschaft, gefolgt von Verfälschungen in den Medien und KI.
Über die Hälfte hat grosse Schwierigkeiten, das Handy wegzulegen
Die Studie fragte auch nach dem digitalen Nutzungsverhalten und untersuchte, ob eine stärkere Handynutzung mit mehr Stress oder psychischen Problemen zusammenhängt. Die Mehrheit der Befragten gibt an, Medien auch zur Stressbewältigung zu nutzen.
Dass es oft schwierig ist, die Mediennutzung zu unterbrechen, gibt in der Gesamtgruppe rund die Hälfte an. Je älter die Teilnehmenden sind, desto besser gelingt es ihnen, das Smartphone auch mal wegzulegen. Fast 30 Prozent der Teilnehmenden verwenden Medien regelmässig zur Stimmungsaufhellung. Auch andere Risiken wie zum Beispiel Streit mit dem Umfeld wegen der Mediennutzung liegen mit je rund 15 Prozent im problematischen Bereich.
Die Nutzung digitaler Medien führt auch zu positiven Effekten. Mehr als die Hälfte der Befragten nutzt das Internet, um Kontakte zu pflegen. 20 Prozent geben an, über das Internet Freundinnen oder Freunde gefunden zu haben. Die tägliche Nutzungsdauer liegt durchschnittlich zwischen vier und fünf Stunden.

Download: Erste Pro Juventute Jugendstudie
Über die Studie
Die Pro Juventute Jugendstudie wurde in enger Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich und der Universität Lausanne durchgeführt. Der Fragebogen, der auch sensible Fragen zur persönlichen Situation beinhaltet, wurde durch die Kantonale Ethikkommission des Kantons Zürichs vorgängig geprüft.
Die Erhebung fand im Sommer 2024 durch das Forschungsinstitut YouGov statt. Eine zweite Erhebung ist im ersten Halbjahr 2025 geplant. Ermöglicht wurde die erste Pro Juventute Jugendstudie durch die finanzielle Unterstützung der Ernst Göhner Stiftung. Pro Juventute plant, eine längerfristige Erhebung zu etablieren, ähnlich wie sie etwa Deutschland mit der Trendstudie kennt.