Entwicklung & Gesundheit
Stand: 08.02.2024

Selbstwirksamkeit – Ja, ich schaff das!

Kinder und Jugendliche, die sich als selbstwirksam wahrnehmen, sind davon überzeugt, dass sie schwierige Situationen bewältigen können. Sie sind dadurch resilienter. Erfahren Sie, wie Sie die Selbstwirksamkeitserwartung Ihres Kindes stärken können.
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Kinder, die von ihrer Selbstwirksamkeit überzeugt sind, trauen sich, Herausforderungen anzunehmen.

Wer sich als selbstwirksam erlebt, traut sich eher, Herausforderungen anzunehmen. Sei es eine schwierige Prüfung, ein herausforderndes Bastelprojekt oder eine Lehrstelle zu finden. Er oder sie ist der Überzeugung, selbst etwas bewirken zu können. Dank eines positiven Bilds von sich selbst fühlt sich die Person kompetent. 

Kinder und Jugendliche, die von ihrer Selbstwirksamkeit überzeugt sind, sind optimistischer als andere, dass sie Herausforderungen erfolgreich meistern. Das wiederum begünstigt tatsächlich die Erfolgschance. Denn die Erwartung, selbstwirksam zu sein, hat Einfluss auf den Durchhaltewillen. Selbstwirksamkeit ist deswegen ein wichtiger Faktor, der Kinder und Jugendliche stark macht

Selbstwirksamkeit beginnt im Babyalter

Auch wenn wir Neugeborene als hilflose Wesen wahrnehmen, die auf unsere Fürsorge angewiesen sind, entwickelt sich bereits in diesem Alter die Selbstwirksamkeitserwartung. Dann nämlich, wenn sie durch ihr Weinen ihre Bezugspersonen erfolgreich dazu bringen, sich um sie zu kümmern. Gehen Eltern auf die Bedürfnisse ein, erlebt sich das Baby als selbstwirksam.

Kleinkinder erproben ihre Selbstwirksamkeit im täglichen Spiel: Sie schlagen Gegenstände gegeneinander, stossen mit viel Freude Türme aus Bauklötzen um oder fordern die Eltern zu Reaktionen heraus, indem sie immer wieder Grenzen testen. Diese täglichen Erfahrungen stärken sie in ihrer Wahrnehmung und sie lernen: Ich kann etwas bewirken. 

Anerkennung von aussen kann Kindern ein Gefühl von Kompetenz vermitteln und die Selbstwirksamkeitserwartung stärken. 

Umgang mit Erfolg und Misserfolg

Die Selbstwirksamkeitserwartung hängt stark davon ab, worauf Kinder und Jugendliche Erfolge respektive Misserfolge zurückführen. Menschen mit hoher Selbstwirksamkeitserwartung erleben Erfolge eher als Resultat eigener Fähigkeiten oder Anstrengung. Umgekehrt erklären sie Misserfolge gerne mit ungünstigen äusseren Umständen oder schlicht Pech. Oder, wie Tracy Wagner, Psychologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Pro Juventute, sagt: «Durch den Fokus auf die Prozesse sehen sie die Ursachen der Dinge, die sich ändern lassen und können daraus fürs nächste Mal lernen.»

Anders bei Kindern und Jugendlichen, die wenig von ihrer Selbstwirksamkeit überzeugt sind: Sie führen Erfolge auf Glück oder den Verdienst anderer zurück, während sie sich für Misserfolge verantwortlich fühlen. Sie erleben sich als hilflos gegenüber äusseren Umständen und es fehlt ihnen die Motivation, schwierigere Aufgaben in Angriff zu nehmen. «Weil sie eher Angst vor Misserfolg und weniger Hoffnung auf Erfolg haben, erleben sie Erfolge als Erleichterung, empfinden aber kaum Stolz», sagt Tracy Wagner.

Selbstwirksamkeitserwartung stärken

Eltern und Bezugspersonen können beeinflussen, wie Kinder und Jugendliche mit Erfolg respektive Misserfolg umgehen. Betonen sie, wie toll sich das Kind bemüht hat, stärkt dies den Durchhaltewille des Kindes und erhöht die Erfolgschancen. Ebenso wenn sie zu spüren geben, dass sie an das Kind glauben. Anerkennung von aussen kann Kindern ein Gefühl von Kompetenz vermitteln und die Selbstwirksamkeitserwartung stärken. Andererseits können zu hohe Erwartungen dazu führen, dass Kinder und Jugendliche den Eindruck erhalten, sowieso nichts richtig machen zu können.

Wie wir mit Erfolgen umgehen, hängt zu einem grossen Teil auch von den Erfahrungen im eigenen Umfeld ab. Eltern und Bezugspersonen sind diesbezüglich wichtige Vorbilder. Entsprechend lohnt es sich, die eigene Einstellung zu Erfolg und Misserfolg zu reflektieren. Lobe ich mich und andere nur, wenn etwas geleistet wurde oder wertschätze ich auch Bemühungen?

Tipps für Eltern: So fördern Sie die Selbstwirksamkeit

  • An das Kind glauben: Trauen Sie Kindern etwas zu. Räumen Sie nicht alle Hürden aus dem Weg. Ermutigen Sie Ihr Kind, selbst eine Aufgabe zu bewältigen: Beim Nachbarkind selbst fragen, ob es mit ihm spielen möchte, oder mit einer Liste selbst einkaufen gehen.
  • Realistische Ziele setzen: Sorgen Sie für Erfolgserlebnisse, indem Sie gemeinsam mit Ihrem Kind Ziele setzen, welche erreichbar sind. Idealerweise sind neue Aufgaben etwas schwieriger als jene, die das Kind schon kann, aber immer noch machbar.
  • Anleiten: Geben Sie so viel Hilfestellung wie nötig, aber so wenig wie möglich.
  • Anerkennen: Lenken Sie die Aufmerksamkeit auf den Prozess statt auf das Ergebnis, indem sie das Kind für seine Anstrengung loben. Verzichten Sie auf pauschale Äusserungen wie «das hast du gut gemacht». Sagen Sie möglichst konkret, woran Sie das erkennen.
  • Konstruktiv mit Fehlern umgehen: Signalisieren Sie Ihrem Kind, dass es Fehler machen darf. Fokussieren Sie aber darauf, was es aus dem Fehler lernen kann, statt auf den Misserfolg per se.

Selbstwirksamkeit im Zusammenspiel mit weiteren Faktoren

Kinder und Jugendliche, die sich als selbstwirksam wahrnehmen, verfügen meist auch über mehr Selbstvertrauen, können besser mit Stress umgehen und sich anderen gegenüber besser behaupten. Allerdings spielen dabei auch andere Schlüsselfaktoren eine Rolle, etwa ob ein Kind über eine sichere Bindung sowie soziale Kompetenzen verfügt. 

Im Idealfall haben Kinder und Jugendliche Ressourcen aus allen drei Bereichen, können in schwierigen Situationen also sowohl auf die innere Stärke als auch ihr engeres sowie weiteres Umfeld zurückgreifen. Das führt zu mehr Resilienz und macht sie stark.

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