Die Wutanfälle unserer Dreijährigen bringen uns an unsere Grenzen

Unsere dreijährige Tochter wird wütend, haut und beisst, wenn sie etwas nicht darf. Wir sind genervt und verzweifelt. Auch wenn wir unter Leuten sind, haben wir Angst, dass sie einen Wutanfall bekommt. Was haben wir falsch gemacht? Und was können wir tun, damit es besser wird?
I.L., 31, Locarno

Antwort von der Pro Juventute Elternberatung

Vielen Dank für Ihre Offenheit und Ihr Vertrauen. Wir können Sie beruhigen, Sie haben nichts falsch gemacht. Wutanfälle gehören zur normalen Entwicklung eines Kleinkindes. Ihre Tochter wird immer eigenständiger und befindet sich mitten in der Autonomiephase, der sogenannten «Trotzphase». Wir finden den Ausdruck Autonomiephase jedoch passender, weil diese Phase ein Schritt in die Selbstständigkeit bedeutet. Für die Entwicklung von Kleinkindern ist diese Zeit sehr bedeutungsvoll. In diesem Alter beginnen sie, sich als Individuum zu fühlen, die Kraft des eigenen Willens zu spüren und sich auch mal unabhängig von den Eltern zu bewegen. Für Eltern ist diese Entwicklungsphase sehr anstrengend. Nicht verwunderlich, wenn viele an ihre Grenzen stossen. 

Der Umgang mit den eigenen Gefühlen muss erst gelernt werden. Nicht umsonst gibt es so bildhafte Ausdrücke wie vor Wut platzen.

Den Umgang mit den eigenen Gefühlen müssen Kinder erst lernen. Nicht umsonst gibt es so bildhafte Ausdrücke wie «vor Wut platzen». Genauso fühlen sich ganz viele Kleinkinder. Sie werden von ihren Gefühlen regelrecht überwältigt und wissen nicht wohin damit. Das äussert sich dann in einem Wutanfall. Ihre Tochter benutzt Sie dabei als «Blitzableiter». Mit drei Jahren ist die Fähigkeit zur Empathie noch nicht entwickelt und sie versteht noch nicht, dass sie Ihnen mit ihrem Hauen und Beissen wehtut. Das bedeutet natürlich nicht, dass Sie dieses Verhalten akzeptieren müssen. Im Gegenteil. Es ist wichtig, dass Sie Ihrer Tochter ganz klar Stopp sagen, wenn sie haut oder beisst.

Ebenso wichtig ist es, ihr aber auch zu vermitteln, dass sie wütend sein darf. Zeigen Sie ihr alternative Strategien, damit sie mit ihrer Wut umzugehen vermag. Zum Beispiel kann sie in ein Kissen hauen oder beissen oder etwas rumwerfen, das nichts kaputt macht. Solche Alternativlösungen müssen immer und immer wieder geübt werden, bis sie im Moment der Wut auch abgerufen werden können. Vielleicht hilft Ihnen das Verständnis für die Reaktionen Ihrer Tochter schon, gelassener damit umzugehen. Wir wünschen Ihnen viel Geduld, Verständnis und gute Ideen.

In Kürze: Tipps für Eltern

  • Wutanfälle gehören zur Trotzphase. Für die Entwicklung des Kindes ist die sogenannte Autonomiephase sehr wichtig. 
  • Kleinkinder müssen erst lernen, mit den eigenen Gefühlen umzugehen. 
  • Dreijährige haben noch keine Empathie und verstehen daher nicht, dass Hauen und Beissen wehtun. 
  • Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass es wütend sein darf. 
  • Zeigen Sie Ihrem Kind Strategien, wie es mit seiner Wut umgehen kann. 

Podcast «Familienbande»

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