Entwicklung & Gesundheit

K.O.-Tropfen und Needle Spiking: Sind Sorgen berechtigt?

Immer wieder ist in den Medien von K.O.-Tropfen und Needle Spiking die Rede. Viele Eltern sind verunsichert. Was steckt dahinter? Und wie können Eltern Teenager vor K.O.-Tropfen und Needle Spiking schützen, ihnen aber trotzdem Freiräume ermöglichen? Erhalten Sie Antworten auf diese und weitere Fragen.
Image
Jugendliche möchten feiern, trotz möglicher Gefahren durch K.O.-Tropfen oder Phänomene wie Needle Spiking.

Je älter Jugendliche werden, desto mehr Freiräume wünschen sie sich. Sie möchten sich mit Freundinnen und Freunden verabreden, abends länger weggehen, Veranstaltungen besuchen oder in Clubs tanzen. Diese Ablösung ist ein wichtiger Entwicklungsschritt. Trotzdem fällt er vielen Eltern schwer. Erst recht, wenn sie von Phänomenen wie K.O.-Tropfen oder Needle Spiking hören.

Was sind K.O.-Tropfen?

«K.O.» steht für Knock-out (englisch für Ausser-Gefecht-Setzung). Bei K.O.-Tropfen handelt es sich meist um GHB respektive GBL, auch als Liquid Ecstasy bekannt, oder andere Substanzen. In geringer Dosierung wirken diese Mittel enthemmend, in hoher Dosierung betäubend und einschläfernd. Alkohol verstärkt die Wirkung. K.O.-Tropfen haben kaum Eigengeschmack. Sie werden den Opfern heimlich ins Getränk gemischt. 10 bis 20 Minuten nach der Einnahme von K.O.-Tropfen fühlen sich die Betroffenen erst euphorisch, dann müde und willenlos. Es können Symptome wie Übelkeit, Benommenheit, tiefe Bewusstlosigkeit und Atemnot auftreten. Nach dem Aufwachen können sich die Personen an nichts mehr erinnern.

Was ist Needle Spiking?

Beim Needle Spiking, zu Deutsch «Nadelstich», stechen Täter ihre Opfer mit einer Spritze. Dass dabei eine Substanz injiziert werden kann, gilt als unwahrscheinlich. Es wird vermutet, dass sich Opfer dafür zu schnell abwenden, sobald sie einen Schmerz verspüren. Bislang konnte bei den wenigen in der Schweiz bekannten Fälle auch keine Substanz nachgewiesen werden. Trotzdem berichteten Betroffene von Schwindelgefühl und Orientierungslosigkeit. Solche Symptome können aber auch aufgrund einer entsprechenden Erwartungshaltung auftreten (Nocebo-Effekt). Das Risiko, sich mit einer Krankheit, etwa HIV anzustecken, wird von Experten ebenfalls als gering eingeschätzt. Sind seit der Nadelattacke weniger als 48 Stunden vergangen, kann eine HIV-Prophylaxe sinnvoll sein. Noch weiss man über Needle Spiking jedoch wenig. Es ist ein junges Phänomen.

Absichten hinter K.O.-Tropfen und Needle Spiking

Hinter der Verabreichung von K.O.-Tropfen stehen meist sexuelle Motive oder ein geplanter Raub. Dasselbe wird auch beim Needle Spiking vermutet. Möglicherweise möchten die Täter mit den Nadelattacken auch primär Angst verbreiten. Betroffen sind Frauen und Mädchen, aber auch Jungen und Männer.

Klagen Jugendliche über Erinnerungslücken, Kater-ähnliche Beschwerden oder nicht erklärbare Stiche, sollten Eltern hellhörig werden.

Oft wählen Täter gut besuchte Orte wie Partys, Bars oder Grossveranstaltungen für ihre Angriffe. So berichteten nach der Street Parade Zürich im August 2022 mehrere Personen, dass sie von einer Nadel gestochen wurden.

So können sich Jugendliche vor K.O.-Tropfen und Needle Spiking schützen

Um sich vor K.O.-Tropfen zu schützen, sollten Getränke nie unbeobachtet stehen gelassen werden – auch nicht, um rasch zur Toilette zu gehen. Bieten Fremde einen Drink an, ist Vorsicht angebracht. Diese nur annehmen, wenn die Flasche noch zu ist oder das Getränk direkt vom Barkeeper oder der Barkeeperin zubereitet wird. Vor Needle Spiking können sich Jugendliche am ehesten schützen, wenn sie grosse Menschenmengen mit dichtem Gedränge meiden. Die beste Prävention ist aber, wenn Freundinnen und Freunde gegenseitig aufeinander aufpassen. 

Fühlen sich Jugendliche unwohl, sollten sie Freundinnen und Freunde oder jemanden vom Personal um Hilfe bitten. Keinesfalls ist es ratsam, mit Fremden oder flüchtig Bekannten mitzugehen, auch wenn diese ihre Hilfe anbieten. Besteht der Verdacht, dass eine Freundin oder ein Freund Opfer von K.O.-Tropfen oder Needle Spiking wurde, sollten Jugendliche die Eltern oder die Polizei anrufen oder den Notruf 144 wählen.

Was tun, bei Verdacht auf K.O.-Tropfen oder Needle Spiking?

Klagen Jugendliche am Tag nach dem Ausgang über Erinnerungslücken, Kater-ähnliche Beschwerden oder nicht erklärbare Stiche, sollten Eltern hellhörig werden. Folgende Anzeichen deuten auf die Verabreichung von K.O.-Tropfen am vergangenen Abend hin:

  • Abgeschlagenheit, Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen
  • Erinnerungslücken: Ein Blackout über mehrere Stunden ist nicht selten. Vielleicht gekoppelt mit einem unguten Gefühl, dass in der Zeit etwas passiert ist
  • Verletzungen und blaue Flecken

Falls Ihr Kind Opfer von K.O.-Tropfen oder Needle Spiking wurde und entsprechende Symptome oder Stiche aufweist, sollten Sie schnellstmöglich einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen. Im Spital kann eine Untersuchung von Blut und Harn stattfinden. Die meisten Substanzen sind allerdings nur während 12 bis maximal 24 Stunden nachweisbar.

Sowohl das Verabreichen von K.O.-Tropfen als auch Needle Spiking ist eine Straftat. Opfer sollten Strafanzeige einreichen, selbst wenn kein Verdacht auf Vergewaltigung, sexueller Missbrauch oder Gewalt besteht.

Tipps für Eltern

  • Sprechen Sie über Ihre Sorgen und Ängste, wenn es darum geht, Jugendlichen Freiräume zu ermöglichen. Das schafft gegenseitiges Vertrauen.
  • Lassen Sie sich durch Medienberichte nicht in Panik versetzen. Meist steckt weniger dahinter, als suggeriert wird.
  • Treffen Sie gemeinsam die Vereinbarung, dass Ihre Tochter oder Ihr Sohn Sie im Notfall zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen darf.
  • Klären Sie Ihr Kind über die Gefahr von K.O.-Tropfen und Needle Spiking auf. Je mehr Informationen Jugendliche haben, desto besser können sie sich schützen.
  • Geben Sie Ihrem Kind konkrete Handlungsempfehlungen mit auf den Weg. Jugendliche müssen wissen, wie sie bei Verdacht auf K.O.-Tropfen und Needle Spiking reagieren können. 
Jetzt spenden