Familie & Gesellschaft

Gesetzliche Vorgaben für Eltern

Kinder erziehen ist anspruchsvoll und der Staat soll Eltern bei dieser Aufgabe unterstützen. Gesetzlich geregelt ist beispielsweise der Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub und wie die rechtliche Situation nach einer Geburt beim Wiederaufnehmen der Arbeit aussieht. Auch im Umgang mit kranken Kindern gibt es rechtliche Grundlagen.
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Eltern haben nach Geburt ihres Kindes spezielle Rechte und Regelungen – Pro Juventute informiert.

Diesen Text gibt es auch in Leichter Sprache.

Nach einer Geburt steht berufstätigen Müttern in der Schweiz ein Mutterschaftsurlaub von 14 Wochen zu (Mutterschutz). Seit Januar 2021 haben erwerbstätige Väter ebenfalls ein Anrecht auf einen zweiwöchigen bezahlten Vaterschaftsurlaub. Innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt des Kindes können zehn freie Arbeitstage bezogen werden. Ob diese Tage verteilt oder am Stück sind, darf jeder Vater selber bestimmen. Ohne finanzielle Einbussen haben nun beide Elternteile Gelegenheit, sich von Anfang an gemeinsam um das Neugeborene zu kümmern.   

Nach der Babypause

Der Einstieg nach der Babypause ist nicht ganz einfach. Möglicherweise fällt die Trennung vom Baby schwer und der Wechsel zwischen Arbeit und Familie muss sich erst einpendeln. Wichtig ist zudem, mit dem Arbeitgeber, der Arbeitgeberin rechtzeitig das Pensum und die Arbeitszeit zu regeln, gegenseitige Erwartungen zu klären, aber auch rechtliche Aspekte für Eltern zu kennen. Darf während der Arbeitszeit gestillt werden, ist eine Frage, die viele Mütter beschäftigt. Die folgenden Ausführungen zeigen auf, was Eltern und ihrem Kind nach der Geburt rechtlich zusteht.

Rechte und Pflichten

Seit 1997 regelt die Schweiz im Sinne der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (UNO) die Rechte der Kinder. Ein wichtiger Grundsatz in Artikel 18 besagt: Die Verantwortung der Erziehung des Kindes obliegt in erster Linie beiden Elternteilen. Pflicht des Staates ist es jedoch, die Eltern bei diesen Aufgaben zu unterstützen.

Orientierung im gesetzlichen Dschungel

Sich als Laie im gesetzlichen Dschungel zurechtzufinden und den Fachjargon zu verstehen, ist nicht ganz einfach. Deshalb werden hier ein paar wichtige Punkte zusammengefasst. Für Hilfe und zur Unterstützung können sich Eltern auch jederzeit an entsprechende Fachstellen wenden.

Grundlegend gilt:

  • Rechte und Pflichten von Eltern gegenüber ihren Kindern regelt das Zivilgesetzbuch (ZGB) ab Artikel 301.
  • Das schweizerische Arbeitsrecht wird im Obligationenrecht (OR), im Arbeitsgesetz (ArG) sowie im Gleichstellungsgesetz (GIG) festgehalten. Oft gelten zusätzliche Regeln, beispielsweise wenn man einem Generalarbeitsvertrag (GAV) unterstellt oder kommunal, kantonal oder vom Bund angestellt ist.

Mutterschaft und Arbeitsgesetz

Nach einer Geburt sind Mindestlänge des Mutterschaftsurlaubs, Lohnfortzahlung oder Stillzeit im Gesetz definiert. Ein paar Auszüge aus dem Mutterschaftsschutz der Arbeitnehmerinnen geben einen Einblick:

Erholungszeit nach der Geburt

Nach einer Geburt sollen sich Frauen körperlich erholen, sich an die neue Situation gewöhnen und Zeit mit dem Kind verbringen. Deshalb ist es in den ersten acht Wochen nach der Geburt verboten, Mütter zu beschäftigen (Art. 35a Abs. 3 ArG). Arbeitnehmerinnen haben Anspruch auf eine Auszeit von mindestens 14 Wochen (neuer Art. 329f OR). Dieser sogenannte «Mutterschaftsurlaub» ist durchgehend und ohne Unterbruch zu nehmen. Während der Zeit des Mutterschutzes hat die Arbeitnehmerin Anspruch auf mindestens 80 Prozent des Lohnes in Form von Taggeldern (Art. 16e EOG). Bei einer Adoption kann dieser Anspruch nicht geltend gemacht werden. Anspruchsberechtigte sind: angestellte Frauen, selbstständig erwerbstätige Frauen, Frauen, die im Unternehmen ihres Ehemannes oder eines Angehörigen mitarbeiten und einen Lohn beziehen, als arbeitslos gemeldete Frauen oder kranke Frauen, die Taggelder erhalten.

Detaillierte Informationen zur Mutterschaftsentschädigung finden sich auf der Website des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) unter www.bsv.admin.ch

Anrecht auf Stillzeit

Arbeitgebende sind verpflichtet, stillende Mütter so zu beschäftigen und ihre Arbeitsbedingungen entsprechend zu gestalten, dass weder ihre Gesundheit noch diejenige des Kindes beeinträchtigt wird (Art. 35 Abs. 1 ArG). Wird im Betrieb gestillt, muss der Arbeitgeber einen geeigneten Ort zur Verfügung stellen. Zum Stillen oder Abpumpen von Milch bekommen stillende Müttern Zeit. Im ersten Lebensjahr des Kindes wird das Stillen oder Abpumpen, je nach Anstellungsgrad als bezahlte Arbeitszeit angerechnet (vgl. Art. 60 Abs. 2 ArGV 1):

  • bei einer täglichen Arbeitszeit von bis zu vier Stunden mindestens 30 Minuten;
  • bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als vier Stunden mindestens 60 Minuten;
  • bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als sieben Stunden mindestens 90 Minuten.

Unabhängig davon, ob die Arbeitnehmerin im Betrieb stillt oder den Arbeitsplatz zum Stillen verlässt, die bezahlte Stillzeit bleibt sich gleich. Wird der Arbeitsplatz zum Stillen verlassen, ist für den Weg keine Verlängerung der bezahlten Stillzeit vorgesehen. Andere Abmachungen zwischen dem Arbeitgeber und der Arbeitnehmerin sind möglich. Allerdings dürfen die gesetzlich vorgesehenen Stillzeiten nicht anderen gesetzlichen Ruhe-­ und Ausgleichsruhezeiten angerechnet werden.

Kündigungsschutz nach der Geburt

Ein Arbeitgeber darf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einer Arbeitnehmerin 16 Wochen nach einer Geburt nicht kündigen (Art. 336c Abs. 1 Bst. c OR). Dieses Kündigungsverbot gilt nur für den Arbeitgeber, die Arbeitnehmerin kann das Arbeitsverhältnis jederzeit kündigen.

Kranke Kinder pflegen und betreuen

Schwierig wird es für berufstätige Eltern, sobald der Sohn oder die Tochter krank ist. Wenn ein ärztliches Zeugnis für das Kind vorgewiesen wird, muss der Arbeitgeber den betreuungspflichtigen Personen – der Mutter aber auch dem Vater – die erforderliche Zeit für die Betreuung frei geben. Pro Krankheitsfall eines Kindes hat jeder Elternteil Anrecht auf bis zu drei bezahlte Tage (Art. 36 ArG; Art. 324a OR).

Familienmitglieder betreuen

Um ein krankes oder verunfalltes Familienmitglied, die Lebenspartnerin oder den Lebenspartner zu betreuen, haben Arbeitnehmende seit Januar 2021 Anrecht auf einen bezahlten Urlaub. Pro Fall stehen höchstens drei und nicht mehr als zehn Tage pro Jahr zur Verfügung. 
 

Regelung von Familienzulagen

Nach dem Bundesgesetz über die Familienzulagen, das seit Januar 2009 in Kraft ist, werden in allen Kantonen pro Kind und Monat mindestens folgende Zulagen entrichtet:

  • eine Kinderzulage von 200 Franken für Kinder bis 16 Jahre
  • eine Ausbildungszulage von 250 Franken für Kinder von 16 bis 25 Jahren

Anspruch auf Familienzulagen haben alle Arbeitnehmenden, die Nichterwerbstätigen mit bescheidenen Einkommen und je nach Kanton auch die Selbstständigerwerbenden. Für die Beschäftigten in der Landwirtschaft gilt eine Sonderregelung. In gewissen Kantonen bieten Fachstellen für Gleichstellung gratis Broschüren zum Thema an. Darin wird die Rechtslage, den kantonalen Gegebenheiten entsprechend, ausgelegt. Falls weitergehende Informationen gewünscht sind, können Eltern nachschauen, ob ihr Wohnkanton dies ebenfalls anbietet.

Tipps für Eltern

  • Überlegen Sie gemeinsam, wie Sie die Zeit nach der Geburt Ihres Kindes gestalten möchten. Den Vaterschaftsurlaub kann man zum Beispiel an einem Stück beziehen - oder auch tageweise aufsplitten. 
  • Bereiten Sie den Einstieg nach dem Mutterschaftsurlaub gut vor. Falls Sie Ihr Kind in die Krippe geben, braucht es vielleicht während der Eingewöhnungszeit etwas andere Arbeitszeiten und eine flexiblere Regelung. Besprechen Sie solche und weitere Themen im Vorfeld mit Ihrem Arbeitgeber, Ihrer Arbeitgeberin.
  • Es lohnt sich auch den Umgang mit Überzeit und die Ferienplanung zu thematisieren.
  • Unabhängig davon, ob Sie Ihr Kind stillen oder schöppeln, Sie dürfen sich während der Arbeitszeit Zeit zum Stillen oder Abpumpen nehmen.
  • Ebenfalls per Gesetz geregelt ist, das Anrecht auf Betreuungszeit von kranken Kindern. Wenn Sie ein ärztliches Zeugnis für Ihr Kind vorweisen, hat jeder Elternteil Anrecht auf bis zu drei Tagen Betreuungszeit. Während dieser Zeit muss der Lohn weiterbezahlt werden.

Dieser Text beleuchtet den Wiedereinstieg und die Berufstätigkeit mit Kindern. In einem andern Text geht es um die Rechte der Mutter während der Schwangerschaft. Beide Texte enthalten Auszüge aus dem Extrabrief Vereinbarkeit von Familie und Beruf von Pro Juventute. Bestellmöglichkeit für diesen Extrabrief oder Infos zu den Elternbriefen und anderen Extrabriefen.

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