Wie viel Handy ist zu viel? Tipps zum Umgang mit Handysucht
Unsere Welt ist immer stärker von digitalen Technologien geprägt. Gemäss JAMES-Studie aus dem Jahr 2022 nutzen praktisch alle Jugendlichen in der Schweiz das Smartphone täglich und sind im Durchschnitt drei Stunden pro Tag online am Handy. Für viele Eltern stellt sich die Frage, ob oder ab wann die Mediennutzung des Kindes problematisch ist oder ob bereits eine Sucht besteht.
Praktisch alle Jugendlichen in der Schweiz nutzen das Smartphone täglich und sind im Durchschnitt drei Stunden pro Tag online am Handy (JAMES-Studie 2022).
Gerade bei Jugendlichen sehr beliebte Plattformen wie TikTok, Instagram oder YouTube sind darauf ausgelegt, die Nutzenden möglichst lange auf der Plattform zu halten (lesen Sie dazu unseren Artikel «Was fasziniert Jugendliche an Social Media?»). Durch das endlose Scrollen und die personalisierten Empfehlungen fällt es schwer, den richtigen Zeitpunkt zum Abschalten zu finden. Eltern können mit ihren Kindern gemeinsam Strategien entwickeln, um den Onlinekonsum zu begrenzen. Und sie können als Vorbilder ihre eigene Handynutzung überdenken.
Handysucht
Es existiert keine allgemeingültige Definition zu Handysucht oder Onlinesucht. Gemeint wird oft eine Abhängigkeit von Social Media, Pornografie, Online-Geldspielsucht und -Kaufsucht oder Games (mehr dazu in unseren Artikeln «Machen Games süchtig?» ). Dabei kann man nicht «vom» Internet süchtig sein, sondern lebt ein Suchtverhalten «im» Internet aus.
Laut Erhebungen von Sucht-Schweiz pflegen ungefähr 8,5 Prozent der 12- bis 19-Jährigen und gemäss nationaler Schülerinnen- und Schülerstudie HBSC 7 Prozent der 11- bis 15-Jährigen eine problematische Nutzung des Internets. Im Vergleich zu den älteren Altersgruppen ist diese Zahl überdurchschnittlich hoch. Eine problematische Nutzung bedeutet jedoch nicht automatisch eine Handysucht.
Oft ist eine problematische Nutzung gekoppelt mit einer anderen Störung. Viele Personen mit einem problematischen Onlineverhalten sind beispielsweise auch von Depressionen betroffen. Ursache und Folge sind dabei schwer auseinanderzuhalten, da sich die Faktoren gegenseitig beeinflussen. Eine Diagnose zu «Onlinesucht» muss eine Fachperson (Arzt, oder Ärztin) stellen.
Symptome und Risikofaktoren für Onlinesucht
Wie lange jemand täglich am Smartphone ist, ist nicht das wichtigste Kriterium für eine problematische Handynutzung. Es gibt kein Zeitlimit, das besagt, was noch normal ist und was nicht (mehr zu Bildschirmzeiten erfahren Sie im Artikel «Bildschirmzeit sinnvoll einsetzen»). Natürlich steigt das Risiko für ein Suchtverhalten, je länger man online ist.
Daneben gibt es Auffälligkeiten, die auf ein problematisches Verhalten hinweisen. Dazu gehören der Kontrollverlust oder die gedankliche Vereinnahmung. Wenn das Kind ängstlich oder gereizt reagiert, sobald es das Gerät nicht nutzen kann, sind das Anzeichen, die hellhörig machen sollten. Auch persönlicher Rückzug, Schlafstörungen, Müdigkeit, Essstörungen oder schlechte Noten können auf ein problematisches Online-Verhalten hinweisen. Diese Symptome können jedoch auch andere Ursachen haben, daher ist es wichtig, genau hinzuschauen.
Ein weiterer Hinweis ist, wenn das Kind immer mehr Zeit am Bildschirm braucht, bis sich das ersehnte «Wohlgefühl» einstellt. Dabei spielt auch das Glückshormon mit. Likes, nette Kommentare, viele Followers oder das Erreichen eines neuen Levels im Spiel sprechen das Belohnungssystem im Hirn an und lösen ein gutes Gefühl aus. Wird dieses gute Gefühl wiederholt durch solche Aktivitäten aktiviert, tritt ein «Lerneffekt» ein. Das Gehirn gewöhnt sich daran, braucht für den gleichen Effekt aber immer mehr. Lösten gestern noch zehn Likes ein Glücksgefühl aus, müssen es heute mehr sein.
FOMO
Die Angst, etwas zu verpassen nennt sich «Fear of missing out», kurz FOMO. Die Vorstellung ausgeschlossen zu sein, löst bei Jugendlichen Stress aus. Gleichzeitig können der Erwartungsdruck und das Gefühl, dauernd erreichbar sein zu müssen stark belasten.
Tipps für Eltern
- Persönliche Faktoren und das Umfeld spielen eine entscheidende Rolle beim Schutz vor Abhängigkeit. Üben Sie mit Ihrem Kind Resilienz, also einen guten Umgang mit Druck und Stress sowie die Fähigkeiten, mit Langeweile umzugehen und Frustration auszuhalten. Versuchen Sie, die Aufmerksamkeit Ihres Kindes auf anderes zu verlegen. Vielfältige Interessen und Hobbys helfen dabei.
- Seien Sie sich Ihrer Vorbildfunktion auch im Umgang mit digitalen Medien bewusst. Achten Sie auf Ihren eigenen Medienkonsum und hinterfragen Sie Ihr Verhalten von Zeit zu Zeit.
- Nutzen Sie das Interesse Ihres Kindes an der digitalen Welt für Gespräche über den Umgang mit Medien.
- Eine intensive Nutzung des Smartphones kann auch als Flucht vor Alltagsproblemen dienen. Beobachten Sie, ob Ihr Kind versucht, vor Schwierigkeiten in der Schule, familiären Konflikten oder Problemen mit Gleichaltrigen zu fliehen. Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, sich den Problemen zu stellen und suchen Sie gemeinsam nach Lösungen.
- Wenn sich der Medienkonsum stark negativ auf andere Lebensbereiche Ihres Kindes auswirkt (beispielsweise Schule, Ausbildung, Schlaf, körperliche Gesundheit, Beziehungen), sollten Sie handeln und professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.