Medien & Internet

Wie beeinflussen soziale Medien Freundschaften?

Für Jugendliche ist es wichtig, Freundschaften pflegen zu können. Doch wie funktionieren Freundschaften im Zeitalter der sozialen Medien? Welche Gefahren bergen digitale Freundschaften? Wir haben Jugendliche dazu befragt.
Image
Mädchen liegt auf Boden mit Handy in Hand.

«Jugendliche sollten sich besser im richtigen Leben, in der Realität treffen. Der digitale Austausch beansprucht nur Zeit, ist oberflächlich und bietet mehr Gefahren als Nutzen.» Ist Ihnen eine solche Aussage auch schon begegnet? Ist daran etwas Wahres oder wird der digitale Kontakt der Jugendlichen ungerechtfertigt negativ hingestellt? 

Befragung Jugendlicher zu digitalen Freundschaften

Um diesen Fragen nachzugehen, haben wir Erfahrungen und Meinungen von Jugendlichen eingeholt. Dazu haben wir Jugendliche im Alter von 12 bis 20 Jahren aus dem Youth Advisory Board (YAB) von Pro Juventute befragt. Die grosse Mehrheit dieser Jugendlichen stimmten der Aussage teilweise zu. Sie finden, dass der «reale» Austausch im Vordergrund stehen soll. Der digitale Austausch sei aber hilfreich, wenn Freundschaften ortsunabhängig werden. Dann könne die digitale Kommunikation der einzige Weg sein, miteinander in Kontakt zu bleiben. Kinder und Jugendliche nutzen den Offline- und Online-Kontakt für die Beziehungspflege häufig fliessend. Auch der digitale Austausch fühlt sich für sie real an – der direkte Kontakt ist den Jugendlichen aber wichtiger.

Kinder und Jugendliche nutzen den Offline- und Online-Kontakt für die Beziehungspflege häufig fliessend. Auch der digitale Austausch fühlt sich für sie real an.

«Können digitale Medien dabei helfen, Freundschaften zu pflegen?»

Die Jugendlichen antworteten in unserer Umfrage auf diese Frage: 

  • «Nur teilweise, denn dafür braucht es auch regelmässigen Offline-Kontakt.» 
  • «Ja, weil manche Menschen scheu sind, es ist einfacher online.»
  • «Digital ist ein Pflästerli, aber nicht ein Mittel, richtige Freundschaften zu pflegen.»
  • «Ja, weil ich weiterhin an ihrem Leben teilnehmen kann.»
  • «Ja, so kann man jederzeit um Hilfe bitten, wenn man sie braucht oder auch immer wieder etwas erzählen, was so läuft. Zu viel Kontakt über die digitalen Medien finde ich aber anstrengend.»
  • «Pflegen ist übertrieben, denn nur online wäre für mich nicht das Richtige!» 

Digital gehört zum Leben

Der digitale Austausch gehört zum Alltag von Jugendlichen. Die JAMES-Studie 2022 der ZHAW zeigt auf, dass 95% der Jugendlichen in der Schweiz ihr Smartphone am häufigsten nutzen, um über Messenger-Dienste zu kommunizieren. In der Studie wird ebenfalls sichtbar, dass Jugendlichen der direkte Kontakt zueinander wichtig ist. 70% der 12- bis 19-Jährigen treffen sich täglich oder zumindest mehrmals in der Woche physisch mit Freunden. 

Chancen von digitalen Freundschaften

Kinder und Jugendliche können schnell und unkompliziert den Kontakt zu Gleichaltrigen und Gleichgesinnten herstellen. Sie können Informationen untereinander austauschen, etwas von sich teilen, Nähe schaffen und sich für Freizeitaktivitäten absprechen.

Die digitale Variante der sozialen Kontakte ist eine Version, die inzwischen zum Leben dazu gehört.

Die sozialen Kontakte und sich dort zugehörig und eingebunden zu fühlen, ist für die gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sehr zentral. Die digitale Variante dieser sozialen Kontakte ist eine Version, die inzwischen zum Leben dazu gehört. Für eher unsichere Personen kann die Vernetzung und der Austausch über digitale Medien eine geringere Hemmschwelle bieten.

Weiter können Kontakte mit Personen, die weiter entfernt wohnen digital ortsunabhängig aufrechterhalten werden. Und von den befragten Jugendlichen wurden wir auf einen weiteren positiven Aspekt aufmerksam gemacht: «Online kann man aus dem gewohnten Freundeskreis weg, neue Leute kennenlernen. Und sich mit mehr verschiedenen Meinungen auseinandersetzen.»

Risiken von digitalen Freundschaften

Es bestehen auch Risiken bei der digitalen Kommunikation:

  • Es kann es bei den Kindern und Jugendlichen Stress auslösen, wenn die Erwartung besteht, immer erreichbar zu sein, antworten zu müssen und viele Nachrichten zu lesen. 
  • Eine lange Nutzung der Online-Netzwerke kann andere Aktivitäten verdrängen wie Zeit mit der Familie verbringen und Freunde treffen, Hobbys haben, regelmässige Mahlzeiten zu sich nehmen und Bewegung. 
  • Kinder und Jugendliche können im Internet auf Beleidigungen, Blossstellung, Beschimpfungen, Belästigungen und unerwünschte Kontakte zu fremden Personen stossen.
  • Die Jugendlichen aus der Befragung sehen als negativste Seite der Online-Kommunikation, dass diese schnell zu Missverständnissen führen kann. Nachrichten und Emojis können falsch interpretiert werden und man nimmt das Gegenüber mit seinen Gefühlsäusserungen geringer wahr, da der Stimmklang und die Körpersprache bei Textnachrichten fehlen.

Kontakte digital zu pflegen kann sowohl eine Chance als auch ein Risiko beinhalten. Deshalb ist es wichtig, dass Kinder und Jugendliche im Umgang mit der digitalen Vernetzung eingeführt und begleitet werden. Dabei sind Offenheit und Vertrauen das A und O. Es ist wichtig, dass das Kind spürt, dass die Eltern es nicht kontrollieren wollen. So wendet es sich für Unterstützung bei Problemen im digitalen Raum eher an die Eltern.

Tipps für Eltern von Pro Juventute und den Jugendlichen

  • Tauschen Sie mit Ihrem Kind Ideen aus, wie sie Kontakte auf Distanz analog oder digital pflegen können. Besprechen Sie, welche App für die Online-Kommunikation geeignet ist (sicher und altersgerecht). 
  • Helfen Sie beim Einrichten des Profils, damit keine persönlichen Angaben (z. B. Name, Alter, Adresse, Telefonnummer) im Internet geteilt werden. 
  • Informieren Sie Ihr Kind über mögliche Gefahren im Internet wie Cybergrooming
  • Animieren Sie Ihr Kind dazu, seine Freunde regelmässig in der Offline-Welt zu treffen.
  • Üben Sie mit Ihrem Kind, wie es empathisch sein kann. Empathie ist eine wichtige Eigenschaft, die Kinder und Jugendliche lernen sollen. Sich in eine andere Person einfühlen zu können, geht durch die Möglichkeiten der digitalen Welt schnell verloren.
Jetzt spenden