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Squid Game – Wenn Kinder Gewalt Shows schauen

Die Zuschauerzahlen der brutalen Netflix-Serie «Squid Game» schlagen alle Rekorde. Bereits nach vier Wochen wurde die Serie von 111 Millionen Menschen gesehen. In mehreren Ländern gab es Zwischenfälle an Schulen, weil Handlungen nachgeahmt wurden. Für Kinderaugen ist die Serie nicht gedacht. Warum fasziniert diese Show so sehr und wie sollen Eltern reagieren?
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Mädchen schaut die Serie Squid Game.

Sowohl in der Schweiz als auch in Nachbarländern hat die koreanische Serie Squid Game an Schulen wegen Zwischenfällen für Schlagzeilen gesorgt. Schülerinnen und Schülern ahmten Kinderspiele nach, welche in der Serie von Erwachsenen wettkampfmässig durchgeführt werden. In der Serie werden die Verlierer von Spielaufsehern hingerichtet und auf dem Pausenplatz der Schule teilweise verprügelt. 

Keine Serie für Kinder

Bedenklich ist, dass die Serie, welche erst ab 16 Jahren zugelassen ist, schon von Kindern und jüngeren Jugendlichen geschaut wird. Falls das Kind Zugriff auf Netflix hat, sollte zu seinem Schutz ein Kinder-Account eingerichtet werden, damit nur Inhalte der entsprechenden Alterskategorie gesehen werden können. Auch Kinder, welche die Serie nicht direkt auf Netflix verfolgen, haben vielleicht schon Auszüge gesehen. Auf YouTube oder in Social Media sind Beiträge unter #squidgame im Trend. Elemente der Serie werden beispielsweise bei TikTok von Influencerinnen und Influencer aufgenommen.

Davon handelt Squid Game

In der südkoreanischen Serie werden verschuldete Menschen für ein Spiel rekrutiert. Man verspricht ihnen, dass sie von ihren Schulden befreit sind, wenn sie das Preisgeld gewinnen. Dazu müssen sie vermeintlich harmlose Kinderspiele spielen. Doch bereits im ersten Spiel wird klar: Es geht nicht um den Spielspass, denn die Verliererinnen und Verlierer werden ohne Zögern hingerichtet. Nach jeder erfolgreichen Runde könnten die Spielenden das Game abbrechen. Ihre verzweifelte Lebenslage bringt jedoch viele dazu, in diesem sadistischen Spiel zu verbleiben. 

Gewalthaltiges Bildmaterial, wie es die Serie Squid Game liefert, ist oft schwer auszuhalten. Nicht selten leiden Kinder nachher unter starker Angst oder werden von Albträumen geplagt.

So wirken Gewaltdarstellungen auf Kinder 

Gewaltszenen in Serien oder Filmen wühlen auf. Bei vielen Kindern und Jugendlichen bewirken solche Darstellungen einen Stresszustand, aus dem sie sich erst wieder lösen müssen. Gewalthaltiges Bildmaterial, wie es die Serie Squid Game liefert, ist oft schwer auszuhalten. Nicht selten leiden Kinder nachher unter starker Angst oder werden von Albträumen geplagt. Jedes Kind reagiert anders und je nach eigener Erfahrung mit Gewalt rufen solche Bilder heftige Emotionen hervor. Bei Kindern, die selbst Gewalt oder gar Krieg erlebt haben, kann es traumatische Erinnerungen wecken und besonders belastend sein.

Das Erfolgsrezept dieser Serie 

Die Serie ist einfach, aber spannend gemacht. Die Anspannung, die unter anderem durch die Brutalität entsteht, führt dazu, dass man kaum wegschauen kann und sich in einer komplett anderen Welt verliert. Gezeigt wird auch, wie die Leute, um zu überleben und ihre Schulden zu tilgen bereit sind, Grenzen zu überschreiten. Auf Erwachsene übt dieser gesellschaftskritische Aspekt der Serie eine zusätzliche Faszination aus. Die gezeigte Brutalität ist dabei kein Mittel, um Gutes zu bewirken. Gewalt wird vielmehr als eine destruktive und schockierende Kraft dargestellt. Erwachsene können dies in der Regel einordnen. Im Gegensatz zu Kindern, die nur sehen, dass brutale Gewalt als Mittel eingesetzt wird, um Verlierer zu bestrafen.

Gründe, weshalb Squid Game Jugendliche fasziniert 

Trotz brutalen, teils düsteren Gewaltszenen und Freigabe ab 16 Jahren fasziniert die Serie auch jüngere Kinder. Für die einen ist es spannend und reizvoll herauszufinden, wie das «Verbotene» aussieht. So werden eigene Grenzen ausgetestet. Etwas Brutales anzuschauen, kann einen Kick auslösen. Andere schauen die Serie, weil das scheinbar alle tun. Man will dazugehören, mitreden können oder eine Art Mutprobe bestehen. Möglicherweise trägt auch der Stil der Serie zur Attraktivität bei. Die Welt von Squid Game wirkt durch die Ästhetik und die Special Effects teilweise wie ein buntes Computergame. 

Gewaltdarstellungen anzuschauen, stumpft ab

Wenn Kinder und Jugendliche gewalthaltiges Bild- oder Videomaterial konsumieren, macht das nicht automatisch selbst gewalttätig. Normalerweise können ältere Kinder Realität von Fiktion trennen. Sie haben natürliche Schutzmechanismen, um mit solchen Bildern umzugehen. Beispielsweise schauen sie intuitiv weg, sobald eine schlimme Szene gezeigt wird. Problematisch wird es, wenn Kinder sich daran gewöhnen, solche Bilder anzuschauen und sich die eigenen Schutzmechanismen abtrainieren. Mit der Zeit reagieren sie weniger empfindlich und stumpfen irgendwann ab. 

Hilfreiche Strategien

Kinder sollten ermutigt werden, bei schlimmen Szenen in Filmen wegzuschauen und zu spüren, dass es wahrscheinlich hilfreich ist, solche Sendungen auszuschalten. Noch besser ist es, Kinder solchen Darstellungen gar nicht erst auszusetzen. So können Eltern vermeiden, dass das Kind plötzlich den Bezug zur Wirklichkeit verliert. Trotzdem lässt sich nicht ausschliessen, dass Kinder in der Realität Gewalt als Konfliktlösung einsetzen. Wichtig ist, darauf zu reagieren und solche Verhaltensmuster mit dem Kind zu besprechen.

Kinder beim Medienkonsum begleiten

In jedem Alter sollten Kinder beim Medienkonsum begleitet werden. Ein grundsätzliches Verbot reicht oft nicht aus. Auch auf anderen Wegen bekommen Kinder gewalthaltige Inhalte zu sehen. Umso wichtiger also, dass sich Eltern ebenfalls mit Trends wie Squid Game auseinandersetzen. Zum Schutz von Kindern und Jugendlichen gibt es bei Filmen und Games Beschreibungen und Altersempfehlungen (Mehr dazu erfahren Sie im Artikel «Jugendschutz-Richtlinien für Games»), die helfen, altersgerechte Inhalte auszuwählen. Nachdem Kinder gewaltvolle Bilder konsumiert haben, brauchen sie meist Hilfe und Zeit, um das Gesehene einzuordnen, zu verarbeiten und sich davon zu lösen. Gespräche helfen, Schreckensbilder zu verarbeiten. 

Tipps für Eltern

  • Schauen Sie sich den Trailer (z.B. auf YouTube oder Netflix) an, um sich einen Eindruck von der Serie zu verschaffen. Auch dort sieht man einige blutige Bilder, die aber im Verhältnis zur ganzen Serie glimpflich sind. 
  • Wir empfehlen Ihnen, die Serie durch eine entsprechende Kontoeinstellung bei Netflix für Kinder zu unterbinden. Falls Ihr Kind Zugriff auf Netflix hat, richten Sie ein Kinder-Account ein, damit nur altersgerechte Inhalte verfügbar sind.
  • Sprechen Sie mit Ihrem Kind offen über diese Serie. Fragen Sie nach, was Ihr Kind über Squid Game weiss und ob es schon Bilder gesehen hat. Sprechen Sie auch über Ängste, die auftauchen und nehmen Sie diese Gefühle ernst.
  • Beziehen Sie klar Stellung und äussern Sie Ihre Bedenken. Erklären Sie Ihrem Kind, weshalb solche Bilder für Kinderaugen ungeeignet sind. Oft wissen Kinder, dass sie solche Serien nicht schauen dürfen, verstehen aber nicht weshalb.  
  • Achten Sie darauf, dass Ihr Kind Gesehenes verarbeiten kann. Wenn Ihr Kind häufig von bestimmten Bildern spricht, Inhalte nachspielt, ohne dabei echte Gewalt auszuüben oder Szenen malt, ist das ein Versuch, gewaltvolle Darstellungen zu verarbeiten. 
  • Stärken Sie Ihr Kind und erklären Sie, was Sie über Gewalt in Filmen und Serien denken. Besprechen Sie gemeinsam, was solche Bilder bewirken und auslösen. Ein gefestigter Standpunkt hilft Ihrem Kind, gegenüber Gleichaltrigen zu argumentieren und dem Gruppendruck zu widerstehen. 
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