Schule & Ausbildung

Als Mädchen oder Junge beruflich gegen den Strom schwimmen

Bei der Berufswahl sollten die persönlichen Interessen im Fokus stehen, darüber sind sich alle einig. Doch was, wenn der passende Beruf vom anderen Geschlecht dominiert wird? Wie Sie als Eltern Ihre Tochter oder Ihren Sohn auch auf einem ungewöhnlichen Weg optimal begleiten.
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Lernende der Informatikbranche

Manche Jugendliche wissen genau, was sie für einen Beruf wählen möchten. Diese Klarheit vereinfacht vieles und entlastet die Eltern. Doch was, wenn der Beruf, der zum eigenen Kind passt, vom anderen Geschlecht dominiert wird? 

Ist der Beruf im Einklang mit den Interessen, Stärken und Potenzial des jungen Menschen wird sie oder er einen Weg finden, um Herausforderungen zu meistern. Dies fördert wichtige Kompetenzen wie Selbstsicherheit, Selbstständigkeit oder Ausdauer. Für die berufliche und persönliche Entwicklung sind das zentrale Eigenschaften. Eltern, die ihr Kind unterstützen, tragen dazu bei, dass es sich gestärkt weiterentwickeln und entfalten kann.

Rollenvorbilder beeinflussen die Berufswahl

Nach wie vor wählen in der Schweiz Jungen eher «männertypische Berufe» und Mädchen «frauentypische Berufe». Im Vergleich zu anderen Ländern Europas ist die Berufswahl in der Schweiz stärker durch klassische Rollenbilder und Stereotypen geprägt. Als einzige Frau in einer Werkstatt zu arbeiten oder als einziger Junge in der Pflege tätig zu sein, braucht Durchsetzungskraft und Durchhaltewillen. Wählen Jugendliche einen wenig geschlechtstypischen Beruf, müssen sich Eltern unter Umständen erst mit ungewohnten Rollenbildern vertraut machen. Eltern, denen es gelingt, die eigenen Vorbehalte zu überwinden zeigen, dass sie an die Fähigkeiten und Stärken ihres Kindes glauben. 

Für Jugendliche ist es wichtig ist, sich von den Eltern unterstützt und geliebt zu fühlen. Eltern sollten stolz sein, dass der Sohn die Fähigkeit besitzt, ältere Menschen zu betreuen, gegenüber Personen mit einer Beeinträchtigung keine Berührungsängste hat oder die Tochter ihre Begeisterung für Autos zum Beruf machen und in einer Garage arbeiten möchte. Es spielt keine Rolle, ob der Beruf der gesellschaftlichen Norm entspricht. Viel wichtiger ist, dass er die Begeisterung des jungen Menschen weckt. Im Vordergrund sollten die Stärken und Interessen der Jugendlichen stehen. Jugendliche, die eine Arbeit ausüben, die sie begeistert, werden ihr Potenzial entfalten. Sie entwickeln eine höhere Motivation, eine bessere Ausdauer und sind längerfristig zufriedener in ihrem Beruf.

Es spielt keine Rolle, ob der Beruf der gesellschaftlichen Norm entspricht. Viel wichtiger ist, dass er die Begeisterung des jungen Menschen weckt.

Chancen einer nicht geschlechtstypischen Berufswahl

Auch bezüglich Karrieremöglichkeiten kann eine vom Gender unabhängige Berufswahl von Vorteil sein. So sind etwa Frauen in MINT-Berufen sehr gefragt, aber untervertreten. Weil grundsätzlich in diesem Bereich ein Fachkräftemangel vorliegt, sind die Job- und Lohnaussichten hervorragend. Eine Informatiklehre oder ein naturwissenschaftliches Studium könnten eine gute Einstiegsmöglichkeit sein, sofern sie zu den Interessen der Jugendlichen passen.

Die MINT-Welt eröffnet die Möglichkeit, an der Lösung der globalen Probleme mitzuarbeiten: Wie können wir künftig besser auf Pandemien reagieren? Wie können wir auch noch in 50 Jahren in einem sich verändernden Klima gut leben? Wie kann ich mich sicher und souverän im Netz bewegen und die digitale Welt gestalten? Als Programmiererin oder Programmierer, Umweltingenieurin oder -ingenieur sowie Bioinformatikerin oder -informatiker erhalten neugierige Jugendlichen die Gelegenheit, relevante Fragen zu stellen und die Antworten gleich selber zu finden.

Persönliche Bedenken des Kindes

Manchmal zweifeln die Jugendlichen selbst an ihrer nicht geschlechtsspezifischen Berufswahl. Vielleicht befürchtet ein junger Mann belächelt zu werden, wenn er sich für einen Beruf im Altersheim entscheidet. Vielleicht stellt sich eine junge Frau einen Arbeitsalltag umgeben von Männern als schwierig vor. Solche Bedenken sind verständlich, dürfen aufkommen und müssen ernst genommen werden. 

Um einen neuen Weg zu beschreiten, braucht es Selbstvertrauen, Wille, Mut und Ausdauer. Entspricht die Berufswahl dem Wunsch des Jugendlichen eröffnen sich neue Perspektiven. Dadurch ergibt sich die Chance, das Potenzial und die Fähigkeiten auszuschöpfen. Eltern, die ihr Kind unterstützen, schenken ihm die nötige Sicherheit. Und wer weiss, vielleicht gilt die Tochter oder der Sohn später als Vorbild für Kinder und Jugendliche, die ebenfalls unbeirrt einen eigenen Weg gehen möchten.

Tipps für Eltern

  • Falls Ihr Kind noch keine Vorstellung über seine berufliche Zukunft hat, lohnt es sich, eine Berufsberatung aufzusuchen. Gemeinsam mit einer Berufsberaterin oder einem Berufsberater lässt sich herauskristallisieren, in welche Richtung es Ihr Kind zieht und wo seine Stärken und Interessen liegen. 
  • Versuchen Sie unvoreingenommen zu sein und lassen Sie Ihr Kind für sich selbst sprechen.
  • Beobachten Sie Ihr Kind, wie es über einen Beruf berichtet. Oftmals verraten Mimik und Gestik, ob es innerlich von diesem Beruf überzeugt ist. 
  • Raten Sie Ihrer Tochter oder Ihrem Sohn möglichst oft zu schnuppern. So erlebt es hautnah, wie es sich anfühlt, bei der Arbeit hauptsächlich vom anderen Geschlecht umgeben zu sein.
  • Ermutigen Sie Ihr Kind, trotz äusseren Widerständen bei der Berufswahl nicht gleich aufzugeben. Sprechen Sie Zweifel oder mögliche Schwierigkeiten offen an. Vermitteln Sie Ihrem Kind Stärke und Vertrauen. 
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