Herbstsession 2024: Empfehlungen an das Parlament

In der Herbstsession 2024 berät das Parlament diverse Geschäfte, die für die Förderung und den Schutz von Kindern und Jugendlichen von Bedeutung sind. Gerne bringen wir Ihnen nachfolgend zu ausgewählten Geschäften die Haltungen und Empfehlungen der Stiftung Pro Juventute zur Kenntnis.
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Parlamentsgebäude_Nationalratsaal
© Parlamentsdienste, Bern

Postulat Porchet Léonore (24.3219): Nationale Daten zum Verständnis von Mobbing in der Schule und zum besseren Schutz der Kinder

Traktandiert im Nationalrat am 17. September

Das Postulat beauftragt den Bundesrat, einen Bericht über Mobbing in der Schule vorzulegen mit quantitativen und qualitativen Informationen, die die Grundlage bilden können für die Entwicklung von Massnahmen gegen wiederkehrende verbale, physische und psychische Übergriffe und Cybermobbing im schulischen Umfeld. 

  • Pro Juventute empfiehlt Annahme des Postulats.

Begründung

Jedes Kind kommt im Lauf der Schulzeit in Kontakt mit Mobbing, sei es, weil es selbst darunter leidet, oder weil es bei anderen zuschauen muss. Mobbing und Cybermobbing ist für Betroffene eine grosse Belastung und kann schwerwiegende Folgen haben. Entsprechend wichtig sind Prävention, Sensibilisierung und wirksame Instrumente zur Früherkennung und Frühintervention an Schulen. Angesichts der beträchtlichen kantonalen Unterschiede würde ein nationaler Bericht, wie ihn das Postulat verlangt, einen grossen Mehrwert für die Koordination von Massnahmen bieten und evidenzbasiert Handlungsfelder für ein wirksame Bekämpfung von Mobbing und Cybermobbing aufzeigen. Die Kompetenzordnung zwischen und Bund und Kantonen würde dadurch nicht in Frage gestellt, wie dies der Bundesrat suggeriert. 

Motion Rumy Farah (24.3257): Deklaration von Werbung bei Influencern in der Schweiz 

Traktandiert im Nationalrat am 17. September

Der Bundesrat wird beauftragt, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, welche die Transparenz und Fairness im Bereich der Influencer-Werbung in der Schweiz fördert.

  • Pro Juventute empfiehlt Annahme der Motion.

Begründung

Influencerinnen und Influencer spielen eine grosse Vorbildrolle für Kinder und Jugendliche. Damit ist auch Macht verbunden: Sie zeigen auf Social Media, was im Trend ist, wecken Bedürfnisse und regen junge Menschen zum Kauf von Produkten an. Meistens stehen professionelle Werbekampagnen dahinter. Die Werbebranche kennt das Nutzungsverhalten von Jugendlichen und platziert mit Hilfe der Influencerinnen und Influencer gekonnt Werbebotschaften zwischen persönlichen Beiträgen. Nicht immer sind diese kommerziellen Partnerschaften transparent deklariert.  Zwar gilt der Grundsatz: Werbung muss gekennzeichnet sein und man sollte erkennen können, dass es sich um einen Werbebeitrag handelt. Zu finden sind solche Hinweise beispielsweise unter dem Profilnamen «gesponsert», «bezahlte Werbepartnerschaft mit…» oder versteckt im Text mit «#Werbung» gekennzeichnet. Wer nicht gezielt danach sucht, sieht dies jedoch kaum. Kinder und Jugendliche sollten solche Zusammenhänge und Partnerschaften erkennen können. Einheitliche, klare und verbindliche Regeln, wie sie Länder wie Frankreich oder Deutschland bereits kennen, schaffen Transparenz und geben jungen Menschen Instrumente in die Hand, um Inhalte auf Social Media besser einordnen und kritisch hinterfragen zu können.

Postulat Locher Benguerel Sandra (23.3620): Kennzeichnungspflicht für retuschierte Personenbilder

Traktandiert im Nationalrat am 11. September

Der Bundesrat wird beauftragt, in einem Bericht aufzuzeigen, welche Auswirkungen retuschierte Körperbilder in klassischen und in den sozialen Medien auf die psychische und physische Entwicklung junger Menschen haben. Zudem soll in einem Überblick aufgezeigt werden, welche Regelungen diesbezüglich andere, insbesondere europäische Länder kennen. 

  • Pro Juventute empfiehlt Annahme des Postulats.

Begründung

Trainierte Körper und makellose Haut: Viele Inhalte, die wir auf Social Media zu Gesicht bekommen, sind stark bearbeitet und haben nur wenig mit der Realität zu tun. Gerade für junge Menschen, deren Körper sich in der Pubertät stark verändert, kann diese Flut an retuschierten Bildern kritische Auswirkungen haben. Sie entwickeln ein verzerrtes Körperbild, das Selbstwertgefühl gerät unter Druck und psychische Belastungen wie Essstörungen und Depressionen können die Folge sein. Die im Bericht aufzuzeigenden Handlungsfelder im Bereich Prävention, Aufklärung und regulatorischen Massnahmen würden es der Schweizer Politik ermöglichen, diese drängende Problematik proaktiv anzugehen. Eine Kennzeichnungsflicht schafft Orientierung und ermöglicht es, unrealistische Körperbilder zu erkennen. Dadurch wir auch dem Ziel der Sensibilisierung Rechnung getragen, welches sich der Bundesrat in dieser Thematik gesetzt hat.  

Motion Python Valentine (23.3693): Übermässige Exponierung von Kindern im Internet (Sharenting und kommerzielle Nutzung von Bildern). Für eine garantierte Achtung des Rechts am Bild und des Arbeitsrechts

Traktandiert im Nationalrat am 11. September

Der Bundesrat wird beauftragt, den Kinderschutz angesichts des Risikos der Ausbeutung im Internet zu verstärken. Erstens in Bezug auf die kommerzielle Nutzung der Bilder von Kindern (Kinder oder Eltern als Influencer:innen), indem er die Verordnung 5 zum Arbeitsgesetz nach dem Beispiel des französischen Rechts zu diesem Thema ändert. Zweitens, indem er im Rahmen einer interdepartementalen Vision seine Politik in Bezug auf das Recht am Bild verstärkt, dies auf Basis der Empfehlungen des UN-Kinderrechtsausschusses.

  • Pro Juventute empfiehlt, dem Vorstoss zuzustimmen. 

Begründung

Immer mehr Kinderbilder und –Videos fluten das Internet und soziale Plattformen. Diese stellen unter Umständen eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte und der Privatsphäre von Kindern dar. Jeder Mensch hat das Recht am eigenen Bild und auch die Kinderrechtskonvention sieht in Artikel 16 den Schutz der Privatsphäre vor. Die zunehmende Vermarktung von Kindern auf Social Media (sogenannte Kidfluencer) wirft Fragen auf arbeitsrechtlicher Ebene auf, in der Schweiz besteht jedoch eine gesetzliche Lücke. Wie kann das Einverständnis der Kinder sichergestellt und ihr Recht auf Löschung garantiert werden? Wie können sie an den durch die Tätigkeiten generierten Einnahmen beteiligt werden? Unabhängig von Prävention und Sensibilisierung der Eltern braucht eine arbeitsrechtliche Regelung, die den Gefahren im Netz Rechnung trägt. Wir bitten Sie, dem Vorstoss zuzustimmen, damit das Anliegen im Parlament weiterverfolgt, das Recht des Kindes am eigenen Bild gestärkt und das exzessive Teilen von Kinderbildern im Netz durch Eltern (Sharenting) reduziert werden kann. 

Pa. Iv. WBK-S (23.478) «Verlängerung der Bundesbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung bis Ende des Jahres 2026»

Traktandiert im Nationalrat am 11. September

Der Bundesrat wird beauftragt, die aktuell noch befristeten Finanzhilfen für die familienergänzende Kinderbetreuung bis zum Inkrafttreten des in Ausarbeitung befindlichen neuen Gesetzes «Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung» zu verlängern. 

  • Pro Juventute empfiehlt Annahme der Parlamentarischen Initiative.

Begründung

Der Vorstoss der WBK-S ist notwendig, um die aktuell noch befristeten Finanzhilfen für die familienergänzende Kinderbetreuung bis zum Inkrafttreten einer neuen Gesetzeslösung sicherzustellen. Ein qualitativ hochstehendes familienergänzendes Betreuungsangebot unterstützt die psychische, soziale und emotionale Entwicklung von Kindern zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten. Durch die dauerhafte Verankerung in der Gesetzgebung wird die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit sowie die Chancengerechtigkeit für Kinder verbessert.  

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