Kinder brauchen Freiräume mit Spielqualität und bespielbare Städte
Zum einen sind insbesondere Familien dazu aufgerufen, den Weltspieltag für das Draussenspiel in der Natur zu nutzen. Zum andern fordert Pro Juventute mehr Freiräume mit Spielqualität. Die Gemeinden müssen in die Pflicht genommen werden, Spielräume fachgerecht und partizipativ zu erstellen – unter Einbezug der Kinder. Gerade in der derzeitigen Corona-Krise, zeigt sich die Bedeutung von naturnahen, im unmittelbaren Wohnumfeld befindlichen Aussenräumen für die physische und psychische Gesundheit von Kindern. Das Spiel lässt ihnen Raum und Zeit, um sich mit einer im Moment unsicheren Welt zu befassen und sich mit ihr zu arrangieren. Aber nicht alle Kinder haben im unmittelbarsten Wohnumfeld Freiräume für Spiel und Bewegung. Umso wichtiger ist es, diese Spiel- und Bewegungsräume auszuweiten, insbesondere an Orten, an denen die Freiraumqualität gering ist.
Das Recht auf Spiel ist bedroht
Kindgerechte Spielräume und eine kindereigene Spielkultur sind ein grundlegendes Kinderrecht (Art. 31 der UN-Kinderrechtskonvention). Auf Bäume klettern, unbeaufsichtigt im Matsch spielen, Staudämme bauen, Ameisen beobachten– Kinder brauchen eigenständige Naturerfahrungen. Gerade Kindern, die in Städten aufwachsen, fehlen aber oft Flächen, auf denen sie frei spielen, sich ausprobieren und die Natur entdecken können.
Aber nicht nur die räumlichen Freiräume haben abgenommen, auch die zeitlichen Freiräume der Kinder gehen mehr und mehr im strukturierten Wochenplan verloren. Dies wiederspiegelt sich auch in der Zeit, die Kinder heute im Durchschnitt draussen spielen: Während sich Kinder und Jugendliche vor 50 Jahren im Schnitt über 3 Stunden draussen bewegten, ist diese Zeit heute auf 47 Minuten pro Tag geschrumpft.
Pro Juventute fordert mehr Freiräume mit Spielqualität
Aus erwachsener Sicht werden Räume für Kinderspiel oft auf Spielplätze reduziert. Das ist zu kurz gedacht: kindgerechte Spielräume können vielfältige, zusammenhängende und vernetzte Räume im privaten, halböffentlichen und öffentlichen Raum sein: Bespielbare Wege, Plätze, Schulhausplätze, Gärten und Siedlungsränder. Jede Gemeinde verfügt über das Potential für attraktive Spielräume. Heute fokussieren die planungs- und baurechtlichen Vorgaben auf kantonaler und kommunaler Ebene lediglich auf quantitativen Bestimmungen zu Spielplätzen. Mit dieser Zuweisung des Kinderspiels auf isolierte Spielplätze führt die Umsetzung vielerorts zu unbefriedigenden Lösungen und Nutzungskonflikten.
Die bespielbare Stadt – eine Vision deren Umsetzung jetzt drängt
Die jetzige Krise ist ein Anlass umzudenken: Stadtplanung und -entwicklung werden ihren Blick auf die jungen Bewohnerinnen und Bewohner richten müssen, wenn sich unsere Städte als lebenswerte Gebilde weiterentwickeln sollen. Denn die Lebensqualität der Städte spiegelt sich in der Möglichkeit für Kinder sich selbstständig im Stadtraum zu bewegen und zu spielen. Dies ist Anzeichen dafür, dass eine Stadt über gute Lebensbedingungen für alle Stadtbewohnenden verfügt.
Die bespielbare Stadt ist eine Vision, bei der Kinder mit ihrem Bedürfnis nach Spiel in der Stadtgestaltung berücksichtigt und einbezogen werden. Dafür soll die Stadt aus einem Netzwerk von Räumen, Strassen, gestalterischen und soziokulturellen Interventionen bestehen, die das Spiel als grundlegendes Bedürfnis ins Zentrum stellen. Neue Formen von intergenerationellen Nutzungs-, Aneignungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten etablieren sich dadurch im öffentlichen Raum. Die Vision bespielbare Stadt versteht sich dafür als lebendiges Labor und lädt dazu ein, den öffentlichen Raum neu zu denken.
Neue Spielraumrichtlinien von Pro Juventute
Mit neuen Spielraumrichtlinien gibt Pro Juventute Gemeinden ein Instrument in die Hand, Spielräume besser auf die kindlichen Bedürfnisse abzustimmen. Sie bieten eine Grundlage zur Verankerung von Spielraumqualität: in planungs- und baurechtlichen Bestimmungen, Instrumenten sowie Planungs- und Bewilligungsprozessen. Es soll der Dialog über die Qualität von Spielräumen zwischen den planenden, gestaltenden, bewirtschaftenden und nutzenden Akteurinnen und Akteuren gefördert werden. Die Spielraumrichtlinien richten sich zudem an Bauherrschaften sowie beauftragte Landschaftsarchitektinnen und Architekten, die den wohnungsnahen Aussenraum, das Wohnumfeld, als Spielraum planen und gestalten.
Die Spielraumrichtlinien sind öffentlich zugänglich und können von Fachpersonen, Behörden, Eltern und Elternvereinigungen als Grundlage verwendet werden.
Mehr Informationen zu den Spielraumrichtlinien:
www.projuventute.ch/spielraumrichtlinien
Pro Juventute feiert den Weltspieltag gemeinsam mit folgenden Organisationen: Fachstelle SpielRaum, Dachverband Offene Kinder- und Jugendarbeit Schweiz (DOJ/AFAJ), Stiftung Kinderdorf Pestalozzi und Save the Children
Kontakt und weitere Informationen:
Lulzana Musliu
Verantwortliche Öffentlichkeitsarbeit
Thurgauerstrasse 39, Postfach
8050 Zürich
Tel.:044 256 77 40
lulzana.musliu@projuventute.ch
Wir machen uns stark für Kinder und Jugendliche mit ihren Eltern in der Schweiz
Pro Juventute unterstützt Kinder und Jugendliche mit ihren Eltern auf dem Weg zu selbst- und sozialverantwortlichen Persönlichkeiten. Mit vielfältigen Angeboten hilft die Stiftung direkt und wirkungsvoll. Sie bietet spannende und gut frequentierte Programme und Dienstleistungen, wie die Pro Juventute Beratung + Hilfe 147 oder die Pro Juventute Elternberatung an. Davon profitieren jährlich rund 265'000 Kinder und Jugendliche und 100‘000 Eltern in der Schweiz.