News

Alternierende Obhut: Pro Juventute fordert stärkere Berücksichtigung der Kinderrechte

Zürich, 14. Oktober 2025 - Pro Juventute begrüsst die Zielsetzung der pa. Iv. Kamerzin «Bei gemeinsamer elterlicher Sorge die alternierende Obhut fördern», betont jedoch, dass das Kindeswohl und die Partizipationsrechte der Kinder im Mittelpunkt stehen müssen. Pro Juventute unterstützt die Variante 1 des Vorentwurfs, lehnt jedoch die zu starre Variante 2 ab.
Image
Alternierende Obhut

Am 15. Oktober endet die Vernehmlassung der Rechtskommission des Nationalrats zur Umsetzung der überwiesenen parlamentarischen Initiative 21.449 Kamerzin «Bei gemeinsamer elterlicher Sorge die alternierende Obhut fördern». Pro Juventute befürwortet die Stossrichtung der Stärkung der gemeinsamen elterlichen Verantwortung und eine ausgewogene Beteiligung beider Eltern an der Betreuung nach einer Trennung oder Scheidung im Grundsatz. Entscheidend ist jedoch, dass jede Regelung konsequent am Wohl des Kindes ausgerichtet wird. Die alternierende Obhut kann in bestimmten Fällen eine gute Lösung sein, sie erfordert aber hohe organisatorische und emotionale Anpassungsleistungen und eignet sich nicht für alle Kinder gleichermassen.

Pro Juventute spricht sich klar für Variante 1 des Vorentwurfs aus. Diese sieht vor, dass die alternierende Obhut geprüft wird, wenn ein Elternteil oder das Kind dies verlangt, und angeordnet werden kann, wenn sie dem Kindeswohl am besten entspricht. Die Variante 2 lehnen wir hingegen ab, da sie mit der Formulierung einer «Beteiligung der Eltern zu gleichen Teilen» zu starr ist und faktisch ein hälftiges Betreuungsmodell als Regelfall nahelegen würde, was in der Praxis bei der alternierenden Obhut nur selten gelebt wird. Dies widerspricht der kindeswohlorientierten Einzelfallprüfung und kann bestehende Konflikte verschärfen.

Partizipationsrechte und flankierende Massnahmen

Besondere Aufmerksamkeit fordert Pro Juventute für die Wahrung der Kinderrechte. Noch immer werden Kinder in familienrechtlichen Verfahren zu selten angehört. Wir plädieren deshalb für verbindliche Mechanismen, die sicherstellen, dass die Perspektive der Kinder systematisch berücksichtigt wird. Nur so kann gewährleistet werden, dass Entscheidungen nicht formal, sondern im Sinne des tatsächlichen Kindeswohls getroffen werde. Dies mit dem Ziel, Kindern in Trennungs- und Scheidungssituationen Schutz, Stabilität und Gehör zu geben.

Damit beide Elternteile ihre Betreuungsaufgaben gleichwertig wahrnehmen können, braucht es bessere gesellschaftliche und strukturelle Rahmenbedingungen – insbesondere bezahlbare, qualitativ hochwertige und wohnortnahe Betreuungsangebote sowie genügend bezahlbaren Wohnraum für Familien. Nur so kann die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert und das Wohl des Kindes nachhaltig gestärkt werden. 

Zur Stellungnahme von Pro Juventute

Jetzt spenden