Studie von Pro Juventute zeigt: Jedes dritte Kind ist gestresst
Zürich, 26. August 2021 – Ein Drittel der Kinder und Jugendlichen in der Schweiz stehen unter hohem Stress, wie eine schweizweite Erhebung von Pro Juventute bei der jungen Generation zeigt. Die gestressten Kinder und Jugendlichen sind deutlich ängstlicher und unsicherer als ihre nicht unter Stress stehenden Gleichaltrige und ihr subjektives Wohlbefinden ist deutlich geringer. Sie verbringen weniger Zeit mit Freundinnen und Freunden, können weniger zuhause mitbestimmen und haben im Vergleich zu den anderen befragten Kindern und Jugendlichen Lehrpersonen, die ein eher abwertendes Bild der betreffenden Klassen haben.
Die Stiftung Pro Juventute hat eine schweizweite Erhebung mit 1’056 Kindern und Jugendlichen in 56 Schulklassen durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass Stress ein treuer Begleiter der jungen Generation ist: So weisen 33 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen hohe Stresssymptome auf. Im Vergleich zu den Schülerinnen und Schülern in der Deutschschweiz (31 Prozent) ist die junge Generation in der Romandie (34 Prozent) und im Tessin (39 Prozent) etwas stärker gestresst.
Das Stressniveau nimmt mit zunehmendem Alter zu. Sind bei den Kindern unter 11 Jahren noch 26 Prozent gestresst, ist es bei der Altersgruppe ab 14 Jahren mit 45 Prozent schon fast die Hälfte. Bei den Mädchen ist der erhobene Stress deutlich ausgeprägter als bei den Jungen.
Stress in der Schule …
Die Schule ist ein grosser Stressfaktor. Prüfungen, Hausaufgaben, aber auch Streit in der Klasse und Mobbing führen zu erhöhtem Stress bei den Schülerinnen und Schülern.
Doch auch die Lehrpersonen haben eine grosse Auswirkung auf die Stresswahrnehmung. Je abwertender das Bild ist, welches die Lehrperson von der betreffenden Schulklasse hat, desto mehr sind die Schülerinnen und Schüler dieser Klasse gestresst. Die Lehrpersonen mit einem abwertenden Bild der Klasse machten Aussagen wie «Die Schülerinnen und Schüler strengen sich nicht genügend an» oder «Die Schülerinnen und Schüler sind faul und wehleidig».
… und Stress zu Hause
Im Vergleich zu den anderen befragten Altersgenossen konstatierten die Kinder und Jugendlichen mit hohem Stressniveau, dass sie wenig zuhause mitbestimmen können und dass sich die Eltern wenig für sie interessieren. 37 Prozent der gestressten Kinder und Jugendlichen gaben an, dass sie eine schlechte Beziehung zu ihren Eltern haben. Bei den weniger gestressten Kindern und Jugendlichen waren es nur 13 Prozent.
Corona-Stress
Die Erhebung wurde vor Ausbruch der Corona-Pandemie durchgeführt. Aus anderen Erhebungen ist jedoch bekannt, dass die Corona-Pandemie für die junge Generation eine besondere Herausforderung war und ist. Die Kinder und Jugendlichen leiden unter den Einschränkungen im Sozialleben, sie vermissen ihre Freundinnen und Freunde, die sie weniger oft sehen können. Auch psychische Probleme haben sich im Zuge der Corona-Pandemie verstärkt: So sind beispielsweise die Beratungen der Pro Juventute Beratung + Hilfe 147 zu psychischen Problemen um 40 Prozent gestiegen. Und der Anteil der befragten Jugendlichen mit schweren depressiven Symptomen lag bei der im März 2021 durchgeführten Swiss Corona Stress Study bei 27 Prozent.
Kinder haben ein Recht auf Freizeit und Erholung
Tritt Stress verstärkt auf, geht er auf Kosten der psychischen Gesundheit. Im Vergleich mit den anderen befragten Gleichaltrigen sind Kinder und Jugendliche mit hohem Stressniveau deutlich stärker durch Ängstlichkeit und Unsicherheit, ein geringes subjektives Wohlbefinden sowie eine geringe Selbstwirksamkeits-Wahrnehmung belastet.
Die Befragung zeigte: Je mehr Zeit die Kinder und Jugendlichen zur Erholung und für Treffen mit ihren Freundinnen und Freunden sowie Hobbys wie Sport oder Musik haben, desto weniger sind sie gestresst. Die Erkenntnisse der Studie von Pro Juventute sollen Eltern und Schulen als Denkanstoss dienen. Kinder und Jugendliche haben gemäss UN-Kinderrechtskonvention das Recht auf Freizeit und Erholung ‒ dem muss auch im schulischen und familiären Alltag Rechnung getragen werden.
Die Erhebung fand im Zeitraum Oktober 2019 ‒ Februar 2020 statt. Die Veröffentlichung der Ergebnisse wurde aufgrund der Corona-Pandemie verschoben.
Hier finden sie den vollständigen Bericht der Pro Juventute Stress-Studie.