Familie & Gesellschaft

Nein sagen – wann und wie?

Krabbelkinder möchten ihre Umgebung entdecken und sind bereits schnell unterwegs. Alles muss erforscht werden und Eltern brauchen Geduld, Nerven und manchmal auch Beharrlichkeit. Immer wieder stellt sich die Frage: Wie viel soll man zulassen und wann setzt man Grenzen. Es braucht Fingerspitzengefühl, Gelassenheit und ein Gespür für die Situation, um zu wissen, wann ein Nein angesagt ist.
Image
Zwei Kinder entdecken eine magische Welt. Pro Juventute gibt Ihnen Einblicke.

Jetzt, da Ihr Kind sich selbstständig fortzubewegen lernt und Ihnen manchmal schon entwischt, taucht die Frage auf, was Sie ihm erlauben, was Sie verbieten wollen und vor allem – wie Sie das am besten machen. Wenn wir immer wieder betonen, dass Kinder einen grossen Freiraum benötigen, so meinen wir nicht, ihnen jederzeit alles zu gewähren. Jedes Kind muss lernen, dass es bestimmte Dinge nicht tun darf. Sei es, weil sie ihm schaden und es sich verletzen könnte, oder, weil die Eltern dies nicht wollen. Dass die Stereoanlage nicht untersucht werden soll, die Fotoalben nicht zerrissen werden dürfen und das Katzenkistchen nicht zum Ausleeren da ist – das müssen kleine Kinder lernen. 

Grenzen setzen

Verbote müssen immer wieder klar ausgesprochen werden. Das eine Kind wird ein Nein sofort akzeptieren, ein anderes wird Ihr Verbot vorerst missachten und immer wieder ausprobieren, wie Sie reagieren. Erwarten Sie von einem Kleinkind weder Einsicht noch ein sofortiges Akzeptieren. Dieser Lernprozess braucht viel Zeit. Es dauert noch eine ganze Weile, bis Ihr Kind nachvollziehen kann, warum etwas verboten ist. Erziehung ist umso wirkungsvoller, je stärker sich die Eltern am Entwicklungsverlauf ihres Kindes orientieren.

Es braucht Fingerspitzengefühl 

Erlauben und Verbieten verlangt viel Fingerspitzengefühl und Geduld und fordert Eltern auch immer wieder heraus, gesetzte Grenzen kritisch zu beurteilen. Wenn Sie Ihrem Kind in einfachen Worten erklären, warum Sie bestimmte Dinge verbieten, können Sie gleichzeitig überprüfen, ob es wirklich einleuchtende Gründe für das Verbot gibt. Bedenken Sie, dass mit allzu vielen Verboten nicht nur Ihr Kind, sondern auch Sie eingeschränkt werden. Konsequenterweise müssen Sie ja darauf achten, dass Ihre Vorschriften befolgt werden. Wenige, dafür klare und eindeutige Grenzen werden leichter eingehalten. Wenn Sie ein Nein aussprechen, sollten Sie dies klar und mit Nachdruck tun. Das Kind soll spüren, dass es Ihnen ernst ist. Versuchen Sie, Ruhe zu bewahren und nicht loszuschimpfen – auch wenn ein wiederholtes Nein nötig ist. Klapse auf die Hände sind kein Erziehungsmittel, um Verbote durchzusetzen. 

Geduld ist angesagt

Dass Krabbelkinder oft unendlich viel Geduld erfordern, die Sie als Vater oder Mutter nicht immer aufbringen können, wissen wir aus eigener Erfahrung. Bestimmt werden Sie hin und wieder inkonsequent oder unwirsch reagieren, schliesslich sind Sie kein «Erziehungsroboter». Etwas möchten wir Ihnen aber ganz besonders ans Herz legen: Ihr Kind sollte nicht durch Ihre Äusserungen und Verhaltensweisen das Gefühl bekommen, Sie hätten es nicht mehr lieb, weil es etwas tut, das Ihnen nicht passt. Sagen Sie ihm nicht, es sei kein Liebes oder Sie hätten es nicht mehr gern. Sperren Sie es nicht allein in seinem Zimmer ein. Wenn Sie wütend geworden sind, das Kind vielleicht angeschrien haben, schliessen Sie bald wieder Frieden. Lassen Sie Ihr Kind nicht lange weinen, nehmen Sie es in den Arm und zeigen Sie damit, dass das Gewitter vorbei und die Welt wieder in Ordnung ist.

Rechtzeitig Distanz schaffen

Kleine Kinder sind anstrengend und können Eltern an ihre äussersten Grenzen bringen. Die meisten Eltern kennen das Gefühl, wenn Wut in ihnen hochsteigt, sie sich nur noch mit Mühe beherrschen können, ihnen fast die Hand ausrutscht, sie das Kind schlagen oder schütteln möchten. Manchmal hat einen das Kind wirklich geärgert, oft ist man aber auch aus Gründen nervös, die überhaupt nichts mit ihm zu tun haben. Auch wenn es nicht immer einfach ist, sagen Sie zu sich selbst «Halt», wenn Sie Ihr Kind schlagen wollen. Wenden Sie sich von ihm ab, schaffen Sie Distanz, indem Sie zum Beispiel kurze Zeit in ein anderes Zimmer gehen. Versuchen Sie, sich zu beruhigen, und suchen Sie Hilfe, wenn Ihnen dies allein nicht gelingt. Gehen Sie zu einer Nachbarin, einem Nachbarn, einer Freundin, einem Freund oder telefonieren Sie mit dem Partner, der Partnerin, der Pro Juventute Elternberatung oder jemandem, dem Sie vertrauen. 

Schlagen ist kein Erziehungsmittel

Schlagen oder Schütteln darf nicht sein, das Kind kann gefährliche, sogar lebensbedrohende Verletzungen davontragen. Zudem versteht es nicht, warum Sie es schlagen, es lernt dadurch nichts. Schlagen ist kein Erziehungsmittel, es macht Kinder nur traurig, enttäuscht, mutlos und verängstigt. Noch immer ist die Meinung weit verbreitet: «Ein Klaps hat noch niemandem geschadet», und Klapse auf die Hände oder auf den Hintern seien keine «richtigen» Schläge. Wir möchten dem klar eine andere Ansicht entgegensetzen: Klapse sind Schläge und sollten nicht als Erziehungsmittel verwendet werden.

Schwierige Momente

Es gibt immer wieder Situationen, in denen alle guten Vorsätze nichts mehr nützen und Eltern weder ein noch aus wissen. Sei es, dass ihr Kind wirklich ein sehr eigenwilliges Persönchen ist, das immer genau das macht, was es nicht soll; sei es, dass Sie übermüdet sind, sich momentan vom Alltag mit Kind und Haushalt überfordert fühlen, finanzielle Sorgen haben oder Sie Probleme mit dem Partner, der Partnerin oder mit der Arbeit plagen.

Hilfe in Anspruch nehmen

Eine Erziehungs- oder Eheberatungsstelle aufzusuchen, kostet Überwindung. Doch es gibt Situationen, in denen es bestimmt besser ist, Hilfe in Anspruch zu nehmen. In vielen Fällen genügen ein paar wenige Gespräche, um alles wieder etwas klarer und vielleicht sogar gelassener zu sehen. Auch die Kinderärztin, der Kinderarzt, die Mütterberaterin oder der Elternnotruf sind Ihnen Gesprächspartner in schwierigen Situationen.

Image
Pro Juventute Elternbriefe im Abonnement für das erste Lebensjahr

Ratgeber Elternbriefe

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Kapitel «Erlauben und Verbieten» des Elternbriefs 09 «Ihr Kind im neunten Lebensmonat».

Viele Gemeinden verschenken die Elternbriefe

In zahlreichen Gemeinden und Städten erhalten Ersteltern ein Pro Juventute Elternbriefe-Abonnement geschenkt. Manche Gemeinden begrenzen dieses Geschenk auf das erste Lebensjahr. Andere schenken die Elternbriefe bis zum sechsten Lebensjahr. Prüfen Sie, ob Ihre Wohngemeinde die Elternbriefe finanziert.

Erhalten Sie die Elternbriefe nicht als Geschenk von Ihrer Gemeinde?

Jetzt spenden