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Eine Insel fordert Eltern heraus: Fortnite

Das Computerspiel Fortnite sorgt für ziemlichen Wirbel an Schulen, in Familien und in Jugendzentren. Das Game ist so beliebt, dass sich weltweit bis zu 3,4 Millionen Spielende gleichzeitig (!) auf den Servern tummeln. Was ist an diesem Hype dran? Machen die darin enthaltenen Gewaltdarstellungen aggressiv?
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Gamen ist beliebt bei Jugendlichen – Fortnite, das Spiel auf der Insel.

Autor: Renato Hüppi
Soziokultureller Animator, offenen Jugendarbeit Zürich-Oerlikon

Auf einer kleinen Insel sammeln Leute Ressourcen und Waffen, bauen Unterstände und verstecken sich, um zu überleben – das ist Fortnite. Ein ziemlich simpler Plot, der nicht zuletzt bei «The Hunger Games» immer wieder Stoff für grosse Geschichten geboten hat. Der Online-Shooter ist gemäss der James-Studie 2020 eines der beliebtesten Games bei Schweizer Jugendlichen.

Dieser Text gehört zum Dossier «Welt der Games». In diversen Beiträgen werden Aspekte wie Chancen, Risiken und Faszination digitaler Spiele beleuchtet. Ebenso haben wir allgemeine Tipps im Umgang mit digitalen Spielen für Sie zusammengetragen. Das Dossier entstand in Zusammenarbeit mit Gameinfo.

Sowohl von PEGI und USK wird die Altersfreigabe für Fortnite bei 12 Jahren eingestuft. Grund für die eher tiefe Altersfreigabe ist, dass die Ästhetik des Spiels eher comicmässig und unreal ist. Die Gewaltdarstellung hält sich im Rahmen (kein Blut, keine Leichen). Die pädagogische Freigabe-Einschätzung des Spieleratgebers NRW hingegen liegt bei 14 Jahren. Denn aufgrund des Spielmodus ist das Frustpotenzial sehr hoch. Jüngere Spielerinnen und Spieler können damit noch nicht gut umgehen.

Fortnite hat Kultstatus

Was macht dieses Spiel derart beliebt? Fortnite weist praktisch alle Eigenschaften erfolgreicher Games aus: Eine tolle Grafik, kostenloser Download, Gestaltungsmöglichkeiten und es motiviert, dranzubleiben. Es ist mit allen digitalen Geräten kompatibel, simpel genug fürs Handy, aber auch ausreichend komplex, um für die Spielkonsole spannend zu sein. Darüber hinaus fand Fortnite dank Tanz- und Musikvideos den Weg in soziale Medien, YouTube und Streamingportale wie auch auf den Pausenplatz.

Fortnite ist zugleich simpel und komplex. Die Regeln sind einfach zu verstehen, aber insbesondere im vielgespielten Modus «Battle Royale» benötigt man eine ausgefeilte Strategie. Ansonsten kann man als eine/r von 100 Spielerinnen und Spieler nicht lange auf der Insel bestehen. Ziel ist es, auf einem immer enger werdenden Feld als Letzte/r zu überleben. Zu diesem Zweck kann man sich mit abgebauten Ressourcen Verstecke bauen, und natürlich muss man seine Gegner im Wettkampf eliminieren. 

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Fortnite bedient Themen der Heranwachsenden

Die Story ist zwar simpel, Fortnite ist aber trotzdem kein oberflächliches Ballerspiel. Vielmehr findet die junge Generation im Spiel viele Komponenten, welche in ihrer Lebenswelt und in ihrer aktuellen Entwicklung gerade aktuell sind: Für sie ist es wichtig, sich ohne Erwachsenenaufsicht untereinander treffen und austauschen zu können. Sie möchten spannende Geschichten hören und grosse Abenteuer erleben. Sie möchten Welten entdecken und gestalten.

Gleichzeitig wollen sie ausprobieren, wie es ist, jemand anderer zu sein. Das kann beispielsweise ein gefährlicher Pirat, ein fantastisches Wesen oder ein Vertreter des anderen Geschlechts sein. Und natürlich will man sich mit anderen messen: herausfinden, wer schneller und geschickter, schlicht besser ist.

Spielen darf Spass machen! Damit der Alltag aber nicht darunter leidet, vereinbaren Sie mit Kindern und Jugendlichen Spielzeiten und/oder Spieltage.

Selbst wenn man all diese Dinge auch in einem anderen, analogen Kontext erleben kann, scheint die Möglichkeit, dies digital zu tun, einen gewissen Vorteil zu haben. Insbesondere scheue Kinder und Jugendliche trauen sich in einer digitalen Welt eher, Neues auszuprobieren und sich anderweitig zu verwirklichen.

Zentrale Kritikpunkte an Fortnite

  • Zeitfresser: Eine Runde dauert in der Regel ca. 20 Minuten. Mit Sammeln, Bauen, Verstecken und Kämpfen verstreicht jedoch viel Zeit. Das Spiel zieht dermassen in den Bann, dass es schwierig ist, abzuschalten. Schnell ist eine Stunde verstrichen und bald ein ganzer Nachmittag vorbei. 
  • Gewaltdarstellung: Wer gewinnen will, muss auf andere schiessen. Waffengewalt ist die einzige Möglichkeit, eine Runde für sich zu entscheiden. Die Waffen haben Ähnlichkeit mit ihren realen Vorbildern. Hingegen wird die Gewalt nicht explizit dargestellt und ähnelt der Gewaltdarstellung in Trickfilmen. Im Unterschied zu diesen greifen Spielerinnen und Spieler beim Gamen zwar selber ins Geschehen ein, doch wird das nicht unbedingt als Gewaltakt oder Tötung gesehen. Vielmehr lässt es sich mit dem Abschiessen beim Völkerball in der Turnhalle vergleichen. Mehr zum Thema Gewalt lesen Sie im Artikel Machen Games gewalttätig?
  • In-Game-Käufe: Für seinen Avatar kann man Tanz-Moves oder sogenannte Skins, also das Aussehen der Figur oder der Waffen, kaufen. Auf das Spielergebnis haben sie zwar kaum Einfluss. Doch erhöhen sie die Aufmerksamkeit im Spiel und damit auch auf dem Pausenplatz. Kinder und Jugendliche geraten unter Druck, ihren Avatar aufzupimpen. Schnell einmal sind 100 Franken in die Spielwährung V-Bucks investiert.

Antwort auf Trends

Dank dem Aufgreifen aktueller Trends geniesst Fortnite einen hohen popkulturellen Status. Die Macher verstehen es, auf der Erfolgswelle zu reiten und die Spielerinnen und Spieler bei Laune zu halten. Bereits haben sie mit dem an sich kostenlosen Game über 1 Milliarde US-Dollar Umsatz generiert.

Seit 2018 kann man im «Kreativmodus» selbst Karten (Inseln) sowie Skins erstellen und an den Hersteller Epic Games weitergeben. Dieser entscheidet dann mit der Community, welche öffentlich verfügbar sein werden. Diese Möglichkeit übt eine noch stärkere Anziehung auf junge Gamerinnen und Gamer aus.

Tipps für Eltern

  • Reden Sie mit Ihrem Kind über Games, auch über «Fortnite». Fragen Sie beispielsweise, was am Spiel derart fasziniert. Findet es das Spiel gut oder spielt es einfach, weil es ein Hype ist?
  • Spielen darf Spass machen! Damit der Alltag nicht darunter leidet, vereinbaren Sie mit Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter Spielzeiten und/oder Spieltage. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Artikel Bildschirmzeit. Bieten Sie gegebenenfalls attraktive (Offline-)Aktivitäten an.
  • Spielen Sie selbst einmal mit oder schauen Sie zu, um das Spiel, die Faszination und die Technik dahinter besser verstehen zu können. Kinder und Jugendliche lieben es, ihren Eltern etwas zu erklären, von dem sie kaum etwas wissen. 
  • Bei «Fortnite» gibt es die Möglichkeit, via Chat mit fremden Gamerinnen und Gamer zu kommunizieren. Sensibilisieren Sie Ihr Kind für Datenschutz. Besprechen Sie heikle Situationen gemeinsam, ohne die Moralkeule zu schwingen.
  • Deaktivieren Sie bei Geräten, welche von der ganzen Familie oder jüngeren Kindern genutzt werden, die Bezahlmöglichkeiten, hinterlegte Kreditkarten und die Funktion der In-App-Käufe. Thematisieren Sie mit Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter Kostenfallen bei Games.
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