Medien & Internet

Bildschirmzeit: Empfehlungen für Kinder und Jugendliche

Wie viel Bildschirmzeit ist gesund und vertretbar für Kinder und Jugendliche? Wann ist es zu viel? Diese Fragen beschäftigen viele Eltern. Erfahren Sie, welche Empfehlungen es bezüglich Bildschirmzeit gibt und was ein ausgeglichener Umgang mit digitalen Medien ausmacht.
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Wie viel Bildschirmzeit ist gesund für Kinder?

Diesen Text gibt es auch in Leichter Sprache.

Viele Eltern fragen sich, wie viel Bildschirmzeit gesund und vertretbar ist. Doch ein Patentrezept gibt es nicht. Nicht alle Kinder reagieren gleich auf Medien. Und die Medienerziehung muss zur Familie sowie den Überzeugungen der Eltern passen. Leitplanken zu setzen und die sogenannte «Screen Time» zu begrenzen, ist jedoch in jedem Alter von Kindern und Jugendlichen sinnvoll. Kinder können ihr Verhalten noch nicht selber regulieren. Sie sind darauf angewiesen, dass Erwachsene sie unterstützen und ihnen als Vorbilder dienen.

Empfehlungen zur Bildschirmzeit

In Ratgebern und auf Online-Plattformen finden sich verschiedene Empfehlungen zu Bildschirmzeiten für Kinder und Jugendliche. Auch Organisationen wie die WHO, klicksafe.de oder SCHAU HIN! machen entsprechende Angaben. Diese können Eltern als Orientierung zur maximalen Bildschirmzeit dienen. Kinder verpassen in ihrer Entwicklung jedoch nichts, wenn sie weniger Bildschirmmedien nutzen. Zudem weichen die Empfehlung teils stark voneinander ab. Wir haben eine Übersicht für Sie zusammengetragen:

  • 0 bis 2 Jahre: Im Baby- und Kleinkindalter wird empfohlen, möglichst auf Bildschirmmedien zu verzichten.
  • 2 bis 4 Jahre: Für Kinder im Vorschulalter reichen die Angaben von 5 bis 10 Minuten am Tag bis zu einer maximalen Bildschirmzeit von einer Stunde. Letzteres sollte eher die Ausnahme sein und nicht täglich vorkommen.
  • 4 bis 8 Jahre: Kindergartenkinder und Schülerinnen und Schüler der Unterstufe sollten nicht länger als 30 bis maximal 60 Minuten pro Tag vor dem Bildschirm sitzen. 
  • 9 bis 10 Jahre: In diesem Alter reichen die Empfehlungen von 60 Minuten bis zu einer maximalen Bildschirmzeit von 100 Minuten am Tag.
  • Ab 10 Jahren: Mit älteren Kindern kann ein wöchentliches Zeitkontingent vereinbart werden. Zum Beispiel eine Stunde pro Lebensjahr in der Woche in Form von Mediengutscheinen.

Diese Zeitangaben sind Richtwerte und geben Orientierung. Kinder sind jedoch unterschiedlich. Was für die einen okay ist, kann für andere bereits zu viel sein. Eine rein zeitliche Beschränkung ist noch aus einem anderen Grund nicht immer hilfreich: Wenn das Kind mitten in einem Video oder einer Spielrunde aufhören muss, löst das Frust aus und kann heftige Reaktionen provozieren. Eine Möglichkeit wäre, sich an Serienfolgen oder Spielrunden zu orientieren. Auch sind in jedem Alter bildschirmfreie Tage empfehlenswert.

Dani erklärt: Wie bringe ich das Kind vom Bildschirm weg?

Weitere Videos zu unterschiedlichen Fragen aus dem Bereich Medienkompetenz finden Sie hier

Abkehr vom Fokus auf Bildschirmzeit: Die neue 3-6-9-12-Regel

Dass reine Zeitangaben nicht zielführend sind, erkannte auch der französische Psychoanalytiker Serge Tisseron. Ende 2019 überarbeitete er seine viel beachtete 3-6-9-12-Regel. Statt auf Empfehlungen zu Bildschirmzeiten setzt Tisseron fortan auf den Lernprozess im Umgang mit digitalen Medien. Mit seiner neuen 3-6-9-12-Empfehlung ermutigt er Eltern, Kinder im Umgang mit digitalen Medien zu begleiten, sie in die digitale Welt einzuführen und ihr Lernen altersgerecht zu unterstützen.

Das Wichtigste der 3-6-9-12-Empfehlung

Kleinkinder bis drei Jahre

Schon auf kleine Kinder üben digitale Medien eine magische Anziehungskraft aus. Doch Geräusch- und Bildeffekte sowie das meist schnelle Tempo überreizen oft. Smartphone oder Tablets sollen von Eltern deshalb so gezielt wie möglich eingesetzt und von Kleinkindern nur in Begleitung genutzt werden. Eltern sollten digitale Geräte nicht aus der Hand geben und Dauer und Inhalte eingrenzen. Sind Babys und Kleinkinder im Raum empfiehlt es sich, den Fernseher auszuschalten.

Kinder von drei bis sechs Jahren

Eltern sollten die Bildschirmzeit für Vorschulkinder begrenzen und geeignete Inhalte auswählen. Am besten werden digitale Medien gemeinsam genutzt. Durch klare Regelungen weiss das Kind, was es darf und was nicht. Als Grundprinzip gilt: Kein Bildschirm während den Essenszeiten, vor dem Einschlafen oder um das Kind zu beruhigen. Digitale Medien zur Belohnung oder Bestrafung zu verwenden, ist nicht ratsam. Als Babysitter sollten Bildschirmmedien ebenfalls nicht eingesetzt werden. Langeweile ist eine wichtige Erfahrung und hilft Kindern, zur Ruhe zu kommen. In diesem Vakuum bleibt Zeit, Ideen zu entwickeln, eigenaktiv zu sein und kreativ zu werden.

Mehr Informationen finden Sie im Artikel digitale Medien im Vorschul- und Kindergartenalter.

Kinder von sechs bis neun Jahren

Angepasst an das Alter ihres Kindes sollten Eltern auf Risiken und Chancen von digitalen Medien und Internet hinweisen. Datenschutz gewinnt an Bedeutung. Es braucht weiterhin klare Regeln, eine Auswahl geeigneter Inhalte und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Bildschirmzeit und medienfreien Aktivitäten. Eltern sollten den Zugriff auf digitale Medien zeitlich und örtlich begrenzen. Tablet, Fernseher und Computer gehören beispielsweise nicht ins Kinderzimmer. Je älter die Kinder werden, desto mehr Verhandlungsspielraum bleibt. Ausgewogen bedeutet nicht, dass es immer gleich ist. Ein verregneter Sonntag oder die Ferienzeit kann durchaus anders gehandhabt werden als der «normale» Alltag.

Kinder von neun bis zwölf Jahren

Mit zunehmendem Alter werden Abmachungen gemeinsam mit den Kindern ausgehandelt und festgelegt. Von beiden Seiten werden Bedürfnisse eingebracht, Erfahrungen einbezogen und Vorschläge eingeholt. Eine offene und respektvolle Haltung ermöglicht Eltern und Kindern herauszufinden, welche Regelungen umsetzbar und annehmbar sind. Trotzdem müssen Eltern gewisse Entscheidungen alleine treffen. Beispielsweise, ob das Kind das Internet unbegleitet nutzen darf oder nicht. Diskussionen mit dem Kind unterstützen solche Entscheidungsprozesse. Das gilt auch für die Frage, ab wann ein eigenes Handy sinnvoll ist.

Kinder ab zwölf Jahren

Ab einem gewissen Zeitpunkt surft das Kind allein im Internet. Durch Einführungen, gemeinsame Abmachungen und klare Grenzen eröffnen Eltern den Kindern neue Lern- und Experimentierfelder. Nach wie vor braucht es festgelegte Zeitfenster und die Verfügbarkeit der Eltern. Auch wenn die Elternrolle mehr begleitend ist, bleiben Gespräche über Downloads, Fake News, Pornografie, Cybermobbing, Cybergrooming und Sexting wichtig. Nachts sollten WLAN und Smartphones ausgeschaltet sein. Eine medienfreie Nachtruhe ist wichtig.

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Möchten Sie mehr darüber wissen, wie viel Bildschirmzeit für Kinder und Jugendliche gesund ist und wie ein ausgeglichener Umgang mit digitalen Medien aussehen könnte? An unserer kostenlosen Online-Elternveranstaltung erhalten Sie Tipps von unseren Expertinnen und Experten.

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Bildschirmzeit sinnvoll einsetzen

Die 3-6-9-12-Empfehlung ist ebenso wie die Angaben zur Bildschirmzeit als Richtlinie gedacht. Dass der Alltag in Familien teils anders aussieht, ist verständlich. Zudem müssen für einen ausgeglichenen Umgang mit digitalen Medien noch weitere Faktoren berücksichtigt werden. Insbesondere dürfen Grundbedürfnisse wie Bewegung, Schlaf, Ernährung, Ruhezeiten und soziale Kontakte nicht zu kurz kommen.

Altersgerechte Medieninhalte

Gewalthaltige Videos oder pornografische Inhalte sind für Kinder nicht geeignet, auch keine kurzen Sequenzen. Hingegen können leicht verständliche und kindgerechte Geschichten oder Dokumentationen, unter Umständen gut verträglich sein, selbst wenn sie mal länger dauern. 

Manchmal rufen aber auch scheinbar altersgerechte Medienangebote starke negative Reaktionen hervor. Um abzuschätzen, welche Inhalte passen, ist es wichtig, das Kind beim Medienkonsum zu begleiten.  Ob etwas verstanden wird, überfordert oder Angst auslöst, hängt neben Alter und Entwicklung von der Persönlichkeit des Kindes ab.

Kreative versus passive Mediennutzung

Hilfreich ist, zwischen kreativem Nutzen und eher passivem Medienkonsum zu unterscheiden. Braucht das Kind digitale Medien als Arbeitsgerät, zum Beispiel für Hausaufgaben, oder eher zur Unterhaltung, zum Gamen oder um Filme zu schauen? Erstellt das Kind am Computer eine Präsentation für die Schule, ist das nicht gleichzusetzen mit einer weiteren Folge der Lieblingsserie. Doch die Trennlinien zwischen aktiv, kreativ und passiv sind nicht immer klar. Auch das «Konsumieren» von kreativen Videos, wie beispielsweise Tutorials im Internet, kann die eigene Kreativität oder einen Lernprozess anregen. Und manchmal heitert ein lustiger Film auf, wenn man traurig ist.

Ausgleich zum Medienkonsum

Obwohl digitale Medien viele Möglichkeiten bieten, dürfen direkte Begegnungen, analoge Tätigkeiten oder Bewegung nicht vernachlässigt werden. In jedem Alter brauchen Kinder eine abwechslungsreiche Freizeit. Wichtig ist, auch mal Langeweile auszuhalten und diese Leere nicht mit Bildschirmen zu überbrücken. Bildschirmzeiten und Freizeitaktivitäten ohne Bildschirme sollten in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander stehen.

Genügend schlafen trotz Bildschirmzeit

Wenn Kinder und Jugendliche digitale Medien am Abend intensiv nutzen, wirkt sich das auf die Schlafqualität und somit auf die Gesundheit aus. Das blaue Bildschirmlicht aktiviert das Gehirn und erschwert möglicherweise das Einschlafen. Unter Umständen beeinträchtigt diese Schlafverzögerung die Konzentrationsfähigkeit im Schulunterricht, was sich auf die Schulleistung auswirkt. Aus diesem Grund sollen Kinder digitale Medien nicht vor dem Schlafen verwenden.

Anzeichen für einen zu hohen Medienkonsum

Zu viel digitale Medien konsumieren, kann sich negativ auswirken. Mögliche Anzeichen sind beispielsweise, wenn das Kind:

  • andere Aktivitäten und Interessen, Hobbies und Freundschaften vernachlässigt und sich zurückzieht;
  • starken Stimmungsschwankungen unterworfen ist oder gereizt reagiert;
  • unter Schlafmangel und Müdigkeit leidet.

Natürlich kann dieses Verhalten auch andere Gründen haben, wie beispielsweise die Pubertät, Schwierigkeiten mit Freunden oder Mobbing in der Schule. Wichtig ist, die Ursache für übermässigen Mediengebrauch zu ergründen. Gelingt es dem Kind und den Eltern nicht, eine hohe Bildschirmzeit zu begrenzen, kann man sich Unterstützung bei einer Beratungsstelle oder bei der Pro Juventute Elternberatung holen.

Tipps für Eltern 

  • Vereinbaren Sie gemeinsam mit Ihren Kindern Regeln für Bildschirmzeit und den Umgang mit digitalen Medien.
  • Tauschen Sie sich mit Ihrem Kind über seine Medienaktivitäten aus. Sprechen Sie miteinander über die Inhalte und den Mediengebrauch.
  • Verbringen Sie zwischendurch gemeinsame Bildschirmzeiten. Spielen Sie Spiele mit oder probieren Sie zusammen Apps aus.
  • Leben Sie den Kindern eine bewusste Mediennutzung vor. Planen Sie ebenfalls Offline-Zeiten ein und fühlen Sie sich nicht verpflichtet, immer erreichbar zu sein.
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